Frauen mit Stil – Sigrid Klede

09. November 2022 | immer.schick

Sigi, Sigrid Klede, bezeichnet sich selbst als „Frau in meinen besten Jahren“. Ende November wird sie 56, sie lebt in Nürnberg mit ihrem Mann: „Mitte November feiere ich außerdem meinen 30. Hochzeitstag und bin mittlerweile 39 Jahre mit meinem Mann zusammen. Oft höre ich dazu, großartige Leistung, oder ah, soooo lange oder das ist aber selten. So selten ist das nicht. Höre und lese ich immer öfter seit ich auf Instagram unterwegs bin. Ich möchte mit keinem anderen als meinem Mann alt werden, aber grundsätzlich halte ich das Modell Ehe heute für überholt. Aber das ist ein anderes Thema. Wieder zurück zu mir…“

Sigis berufliche Roots stecken in der Fotografie, sie ist aber nicht dabei geblieben: „Über die Organisation von Fotoproduktionen bin ich irgendwann in die Werbung gerutscht und arbeite da bis heute noch. In erster Linie als Konzeptionerin und in der aktiven Kundenbetreuung. Hört sich jetzt nach einem geraden Werdegang an, aber zwischendrin habe ich mich auch immer wieder ausprobiert. Zum Beispiel im Verkauf eines Herrenausstatter-Filialisten oder als Inhaberin einer Modelagentur oder in einem Hochzeitsplaner-Service. Letztendlich ist es egal, was man arbeitet, man muss es gerne tun. Und Arbeit muss meiner Meinung nach Spaß machen. (Titelfoto: @don_martino_shootings)

Wer am Montag schon den Freitag herbeisehnt, sollte sich mal aus der Komfortzone herausbewegen.“

Was bedeutet Mode für dich? Hat sie sich im Laufe der Jahre verändert?

Mode hatte schon von Kindesbeinen an einen großen Stellenwert für mich. Wir wohnten auf dem Land, 20 km von der Kleinstadt entfernt und gute 100 km (damals noch keine Autobahn) von Nürnberg. Mode liegt in der Familie, meine Oma und ihre Schwestern waren Schneiderinnen, meine Mama wäre 100 Mal lieber Mannequin geworden als Geschäftsfrau, so wurden meine Schwester und ich immer mit Kreationen der Familie ausgestattet. Und nicht nur wir, auch unser Kindermädchen bekam aus dem gleichen Stoff meistens etwas genäht. Klar, dass ich im Dorf dann eher ein Außenseiter war, oder?

Später hatten meine Eltern geschäftlich oft in Nürnberg zu tun, und meine Schwester und ich durften zwei Mal im Jahr mit und wurden neu ausgestattet. Ich weiß noch, wie ich mit so mit 12/13 Jahren mit den ersten Overknees Stulpen zur Kirchweih im Dorf ging. So was hatte die Dorfwelt noch nicht gesehen.

Nächste Station auf meiner Modereise wurde Fiorucci, denn die Familie machte mindestens ein Mal im Jahr Urlaub in Italien und damals gab es dort Sachen, die es in Deutschland einfach nicht zu kaufen gab.

Mit 17 zog ich von zu Hause aus, und dann wurde das auch mit der Mode anders. Ich legte nicht mehr so viel Wert auf Mode und Trends und kleidete mich eher ein bisschen alternativ und schlabbrig. Heute denke ich, ich wollte mich von meiner schicken Mama abgrenzen, die bis heute nicht ohne rot lackierte Fingernägel aus dem Haus geht.

Nach und nach kam das Modebewusstsein wieder zurück, allerdings habe ich mit Marken (abgesehen von meiner Fiorucci-Phase) nichts am Hut gehabt. Das kam dann Mitte/Ende 20, als ich beruflich viel mit Profimodels zu tun hatte und meine damalige Geschäftspartnerin zu Marc Cain zum Shoppen begleitet habe.

Ich war von heute auf morgen in einer anderen Welt gelandet und wurde zum Fashion Junkie.

Heute informiere ich mich über Trends, kaufe aber nur sehr wenig Mode und dann nach Lust und Laune, mal einen Klassiker, der mich Jahre begleitet, und dann wieder etwas Außergewöhnliches, was ich nicht so oft anziehe, aber auch immer wieder neu kombiniert werden kann. It-Pieces oder Sachen, die gerade jeder trägt, kaufe ich eher selten, aber da kommen die Gene von Mama und Oma wieder durch.

Wie hast du deinen persönlichen Stil gefunden?

Durch die Geschäftspartnerin entdeckte ich meine ersten „Lieblingsmarken“, das waren Strenesse und DKNY. Mit zwei Kindern war dann das Budget für Mode nicht mehr so groß, und ich landete einige Jahre bei Esprit, Hallhuber und den Marken Camera und WE, außerdem bei Rucksäcken und Taschen von Mandarina Duck.

Und die letzten Jahre waren Drykorn und Kennel&Schmenger meine ständigen Begleiter. Aber wie gesagt, gekauft wird kaum noch etwas, ein Drykorn-Mantel geht ja nicht kaputt.

Meinen Stil würde ich als unaufgeregt und lässig, casual bezeichnen. Ich trage selten mehr als zwei maximal drei Teile, außer das Wetter macht einen Zwiebellook notwendig. Accessoires gibt es bei mir kaum, und seit Jahren trage ich (fast immer) den gleichen Schmuck, dieses Jahr kam ein Ring neu dazu. Man kann mich im Supermarkt im Jogginganzug antreffen oder auch mal ganz aufgebrezelt im Restaurant oder in der Bar, ich habe elf „kleine Schwarze“ im Schrank hängen. Ich muss mich nicht festlegen.

Mode und Stil ist heute für mich Tagesform, oft auch eine Rüstung. Schwarz, grau, warme Erd- und Grüntöne sind meine Welt. Mittlerweile auch manchmal ein kräftiges Blau und andere Farben. Die Schnitte schlicht ohne Gedöns, gerne mit kleinen außergewöhnlichen Details, die erst beim zweiten Hingucken auffallen. Und egal ob Jogginganzug oder aufgebrezelt, ich darf mich nicht verkleidet fühlen, sonst benehme ich mich unnatürlich.

Was bewunderst du an anderen, traust du dich aber nicht?

Da gibt es eigentlich nichts, was ich bewundere und mich nicht traue. Ich finde Farbe an anderen klasse und trauen würde ich mich auch, aber es passt einfach nicht zu mir, das bin nicht ich.

Bewundern tue ich Frauen, die Kilometer auf High Heels laufen können und dabei noch eine gute Figur machen. Ich kann’s leider nicht, finde hohe Schuhe aber einfach klasse.

Deine Capsule Wardrobe für die Herbstsaison?

Die gibt es bei mir nicht wirklich. Aber ich habe meinen Schrank von Sommer auf Winter getauscht, und meine Farbwelt ist seit Jahren einfach immer die gleiche, sodass alles irgendwie miteinander kombinierbar ist. Meine geliebten Kleider, ich bin ein großer Kleider-Fan, trage ich ganzjährig, im Winter mit Thermostrumpfhosen und Rolli drunter.

Ist dir Nachhaltigkeit wichtig?

Das ist eine schwierige Frage. Grundsätzlich lebe ich Nachhaltigkeit, da ich alles viele Jahre trage und sehr wenig kaufe. Man kann mich schon mit Teilen erwischen, die 20 Jahre alt sind oder älter. Andererseits sind diese Nachhaltigkeitsthemen sehr komplex, haben für mich nicht nur die eine gute Seite.

Fast Fashion

Arbeitsplätze, Lieferketten, Familieneinkommen, Menschen, die kein Budget für Mode haben, aber auch ordentlich, gut oder schick angezogen sein möchten. Ein Umdenken geht auch nicht von jetzt auf gleich, aber man kann da natürlich bei sich selbst anfangen und auch zu den Filialisten wechseln, die sich mittlerweile Nachhaltigkeit auf die Fahne schreiben. Ein großer Dorn im Auge ist für mich SHEIN, aber selbst Influencerinnen unserer Ziel- und Altersgruppe machen davor keinen Halt.

Fake Leather, Fake Fur

Veganes Leder, früher sagte man Kunstleder dazu, geht für mich gar nicht. Es wird dermaßen hochpreisig verkauft, oft auf schlechtem, nicht-atmungsaktivem Trägermaterial, dass man auch ohne Wechseljahre gleich ins Schwitzen kommt. Nächster Punkt ist die Lebensdauer. Ich muss jetzt zwei Jacken und ein paar Stiefel wegschmeißen, weil das Zeugs irgendwann porös wird. Und wenn ich die drei Sachen jetzt nachkaufe, noch dazu als „Fake“ habe ich wieder eine kurze Lebensdauer, und das soll nachhaltig sein?

Das Thema Pelz möchte ich hier nicht anfassen, aber meine Meinung geht in die Richtung wie beim Fake Leather. Und klares No-Go, das Pelztiere extra gezüchtet werden.

Beim Food geht der Trend from nose to tail….

Wie hältst du deine phantastische Figur?

Danke erst mal für das phantastisch. Und wie jede andere Frau habe auch ich Stellen, mit denen ich hadere.

Aber ich habe einfach Glück mit den Genen, ernähre mich gesund, das heißt ich vermeide Zucker, Weißmehl, übermäßigen Alkohol, rauche nicht und koche meist frisch, manchmal sogar mittags und abends.

Jetzt komme ich noch einmal auf die Model-Ära in meinem Leben zurück, damals alles Hungerhaken gegen mich und alle der Ernährungsform „Fit for life“ verfallen, habe ich mich dort eingereiht und ernähre mich auch heute noch zum Großteil danach. Das heißt zum Beispiel morgens erst abgekochtes lauwarmes Ingwerwasser mit je einem Spritzer Zitrone und Apfelessig. Danach bis mittags nur Obst und Tee. Wenn Salat, dann mittags. Danach essen, was man möchte, aber das leichtverdaulichste zuerst und ganz schwerverdauliche Gerichte wie Braten mit Kloß, Sauce und Rotkohl gar nicht oder als letztes. Aber so ein Bratenteller braucht 36 Stunden zum Verdauen, und wo soll dann am Morgen das Stück Wassermelone hin beziehungsweise wie vorbei. Das gärt dann und führt zu Blähungen.

Zusätzlich mache ich einmal pro Woche einen Detox-Tag. Den ganzen Tag nur Smoothies und am Abend etwas leichtes aus Gemüse, eine Suppe oder Ofengemüse, aber immer warm.

Außerdem mache ich jeden Tag 15 bis 30 Minuten Yoga, um beweglich zu bleiben. Bisher gehörte ich eher zur No-Sports-Fraktion, aber seit dem Sommer versuche ich regelmäßig wöchentlich auf 150 Minuten Sport zu kommen, ist von der WHO empfohlen, dazu gibt es gerade auch ganz aktuell einen Beitrag auf my-lovely-cosmos.de.

Du bloggst unter www.my-lovely-cosmos.de. Seit wann und warum? Wie kamst du auf den Titel?

Seit 2014 ist die Handyfotografierei ständig mehr geworden und ich mache schon immer gerne Ausflüge, besuche Ausstellungen, entdecke die Umgebung und fahre gerne in Urlaub. Fotoalben gestaltete ich schon lange nicht mehr, aber nur auf dem Handy rumdümpeln sollten die Fotos auch nicht. Aber ich hatte keine Idee.

Von Bloggern hatte ich schon gehört, auch von Instagram. Bei Facebook war ich nie…

Es stand wieder eine Reise an, vor genau fünf Jahren, in ein schickes, teures Wellnesshotel zum 25. Hochzeitstag. Totale Nebensaison. Im Hotel wir, ein paar wenige andere Gäste und zwei Bloggerpärchen. Ich beobachtete die vier jeden Tag, fing Feuer und fing nach dem Urlaub an zu recherchieren, danach dauerte es noch fast ein halbes Jahr, bis der Blog im April 2018 online ging.

Zunächst eben mit Erlebnissen und meinen Fotos, kurz danach kam dann der Foodie Friday dazu, der mittlerweile schon lange Geschichte ist. Ich koche und esse gerne, aber Foodbloggerin werde ich in diesem Leben nicht mehr.

Mittlerweile ist der Blog eine Plattform für Dinge, die ich liebe und gerne teilen möchte: Reisen, Ausflüge, Mode, Themen für Body, Mind and Soul und der Mindful Monday, ein (fast immer) wöchentlich erscheinender Beitrag liegt mir dabei besonders am Herzen, wo ich mich mit der Zeit mit den Themen gerne noch ein bisschen weiter hinauswagen möchte, dahin, worüber heute immer noch nicht so gerne laut gesprochen wird, ob das nun die Periode oder Sex oder Geld ist….

Drei Tipps fürs glückliche Pro-aging?

• mich selbst lieben

• mich nicht vergleichen

• alles nicht so eng sehen

• und viertens und das Wichtigste: mich für nichts schämen, was ich denke, tue oder sage (das habe ich auch meinen Töchtern mitgegeben).

Mehr von und mit Sigi unter

www.my-lovely-cosmos.de

Sigi auf Instagram

Mehr Frauen mit Stil:

Sybille Göhring

Nina Goldhammer

Silvia Rausch

Ursula Gaisa

1968 in Schwandorf geboren. Studium Anglistik und Germanistik. Seit 1994 beim ConBrio Verlag. Journalistin, Buchautorin und Herausgeberin von immerschick.de

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6 Kommentare
  1. Liebe Ursula,

    vielen Dank, dass ich in deiner Rubrik „Frauen mit Stil“ dabei sein darf. Ehrt mich sehr. Ich mag dein Portrait über mich sehr. Und deine interessanten Fragen habe ich mit Freude beantwortet. Schön, dass uns die Mode hier, auf Instagram und auch im wirklichen Leben zusammengeführt hat.

    Herzliche Grüße aus Nürnberg
    Sigi

    Antworten
  2. Es ist mir eine Ehre. Ich mag deinen hochwertigen unaufgeregten Stil so sehr. Du lebst Nachhaltigkeit. Freu mich schon auf unser nächstes Treffen! <3 Herzlich Ursula

    Antworten
  3. Klasse, dass Sigi dabei ist und ich finde es ganz wunderbar, wie du sie zeigst. Sehr gelungen.
    Alles Liebe
    Nicole

    Antworten
    • Vielen Dank, liebe Nicole. Das freut uns beide sehr. Beste Grüße! Ursula

      Antworten
  4. Ein tolles Interview…..manches habe ich gewusst da wir uns kennen…aber vieles noch dazu gekommen… suuuuper sympathisch… liebe Grüße Annette

    Antworten
    • Liebe Annette, ja, ich durfte auch schon schöne Stunden mit ihr verbringen, wusste aber auch einiges noch nicht. Danke fürs Lesen und beste Grüße! Ursula

      Antworten

Trackbacks/Pingbacks

  1. VIVA Magenta – VIVA Community – Teil 1 - immerschick.de - […] ist eigentlich gar nicht sooo im Farbschema von Sigi, die wir in unserer Rubrik „Frauen mit Stil“ bereits vorgestellt…

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