Lesen: Buchtipps für den Sommer 2024
Für einige hat sie ja bereits begonnen – die Urlaubs- und Ferienzeit. Und was wäre ein Strand ohne Bücher? Ich reise jedenfalls immer mit mindestens drei Exemplaren. Der Rest stapelt sich auf dem Tisch neben dem Bett. Kein Nachtkästchen, das ist zu klein. Es sind sogar zwei kleine Beistelltische. Da ich vor ein paar Wochen auch noch krank war, konnte ich viel nachholen und lesen. Ich hoffe, dass das eine oder andere dabei ist für euch. *
Los geht’s gleich mit meinem Buch des Jahres.
Joanna Bator: Bitternis (Suhrkamp)
Ich mag Familiengeschichten und diese geht über vier Generationen von Frauen in Polen – vor und nach dem Zweiten Weltkrieg. Es geht deftig zu, düster, herzzerreißend und manchmal brutal. Denn das Leben ist zumindest für die Mutter, Großmutter und Urgroßmutter der Erzählerin Kalina, die von der Ich- oft in die auktoriale Weise wechselt, alles andere als gemütlich.
Bertas Mutter ist bei der Geburt gestorben, sie wächst bei ihrem Vater, einem Fleischer auf, der auch bei ihr desöfteren eine Beschau durchführt. Als sie sich in den Sohn eines fahrenden Händlers verliebt, nimmt das Unglück seinen Lauf. Ihre Tochter wächst im Waisenhaus auf, kommt zu Pflegeeltern, die auch schreckliches erlebt haben. So zieht das Unglück immer weiter, bis Kalina zum Schluss etwas findet. Was, wird natürlich nicht verraten. Eins der Bücher, wo ich nach dem Fertiglesen wirklich traurig war, dass es aus ist. Und ein Tipp von Elke Heidenreich.
Simone Meier: Die Entflammten (Kein & Aber)
Wenn in einem Familienroman auch noch Kunst vorkommt, ist mir das am liebsten. Hier geht es in zwei Zeitsträngen einmal um Gina und ihren Vater, beide Schriftsteller*innen, und um Jo van Gogh-Bonger, die ihren geliebten Mann Theo an die Syphilis verliert. Ohne sie wäre Theos Bruder Vincent vielleicht nie so berühmt geworden. Spannend, gut geschrieben. Ein perfektes Sommerbuch mit Niveau. Liebe, Kunst und Visionen, was will man mehr…
Martin Suter: Allmen und Herr Weynfeldt
Zwei Romanfiguren treffen hier aufeinander und verstehen sich gut. Kein Wunder: beides sind feiner Herren mit guten Manieren und einem Hang zur Kunst und zum Genuss. Savoir vivre in Zürich mit einer feinen kleinen Kriminalgeschichte. Jetzt hab ich immer sofort Heino Ferch vor Augen, so ist mit den Verfilmungen.
Schade nur, dass Suters Bücher immer so kurz sind.
Cécile Tlili: Ein Sommerabend (Kein & Aber)
Klingt nach einem beschwingten Urlaubsbuch, ist aber eher ein Kammerspiel oder Minidrama um zwei Paare, die in Paris zusammen dinieren. Étienne will Johar, die einflussreiche Frau seines Freundes Rémi, dazu bringen, seiner Anwaltskanzlei ein wichtiges Mandat zu verschaffen. Die hat unterdessen ganz andere Sorgen. Genau wie die schwangere Claudia, die sich in Gesellschaft immer fremd fühlt und einfach sehr schüchtern ist. Am Ende verläuft nicht wie geplant, milde ausgedrückt.
Caroline Wahl: Windstärke 17 (Dumont)
„22 Bahnen“ fand ich schon letztes Jahr gut, aber der Nachfolger mit der Geschichte der Schwester, nachdem Tilda nach Berlin gezogen ist. Ida blieb allein mit der alkoholkranken Mutter zurück, die jung stirbt, als sie gerade mit ihrer besten Freundin einen Ausflug unternimmt. Was bleibt ihr nun? Ein verschrammter Koffer und die Erinnerungen an eine Kindheit mit vielen Ängsten und Entbehrungen. Trotzdem ist Ida traumatisiert und fühlt sich schuldig. Sie stellt ihr Handy auf Flugmodus und landet auf Rügen, so sie Marianne trifft, die eine Art Ersatzmutter für sie wird. Und dann ist da noch Leif, der ähnlich verloren und zornig ist wie Ida. Und um Kunst geht es auch wieder, vielmehr ums Schreiben…
Viel Wind, viel Meer und jede Menge Gefühle. Liebe es. Sommertipp.
Mareike Fallwickl: Und alle so still (Rowohlt)
Bequem oder beschwingt ist anders. Aber Mareike Fallwickl weiß die bedrückendsten Themen unserer Zeit spannend zu erzählen. Sie hat nicht nur ein Anliegen, sondern kann auch einfach schreiben. In ihrem bereits vierten Roman treffen die Influencerin Elin, die Krankenpflegerin Ruth und Nuri, der drei Jobs hintereinander ohne Pause erledigt, aufeinander. An einem Sonntag, an dem plötzlich alles aufhört, alles still wird.
Natürlich sind das wieder Fallbeispiele, und jede Menge Themen werden wild durcheinandergemixt. Aber Mareike Fallwickl schaut immer da hin, wo es weh tut.
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