Kunst, Kultur, Kulinarik – Kallmünz
„Perle des Naabtals“ nannte der Maler Charles Johann Palmié (1863-1911) Kallmünz, als er den Ort 1901 entdeckte und die dortige Künstlerkolonie begründete. Von einem Felsen aus betrachtete und malte er den oberpfälzischen Markt am Fuße mächtiger Kalkfelsen, wo die Vils in die Naab mündet. In den typischen bayerischen Jurakalk haben sich die Flüsse eingegraben. Und von oben schaut eine stattliche Burgruine auf Häuser und Landschaft.
Bild 3 zeigt das berühmte Haus ohne Dach in der Vilsgasse
Die bunten in der Vilsgasse aufgereihten Häuser, die alte Mühle, Felsengärten und das berühmte Haus ohne Dach – das alles ist im wahrsten Sinne des Wortes malerisch und lockt immer noch Künstlerinnen und Künstler in den Ort. Die Bezeichnung Markt deutet darauf hin, dass die Gemeinde nicht groß genug für eine Stadt ist, aber wichtig für die Ortschaften in der Umgebung.
Schloss Raitenbuch, Bürstenbinder, Callm
Auch weithin sichtbar ist Schloss Raitenbuch, das früher als Schule diente. Franziska Luber-Böhm hat hier zusammen mit ihrem Mann Jürgen Böhm ein Hotel mit modernem Frühstücksanbau, der Orangerie, geschaffen, das zwar zutiefst romantisch, aber trotzdem clean und schick ist. Die acht Zimmer und Suiten sind sehr geräumig – mit hohen Decken, modernen Bädern und Blick auf den Fluss. In diesem Fall die Naab. In den Fluren und Räumen, in der wunderhübschen Lobby mit kleiner Bibliothek und Getränkekühlschrank – überall gibt es Kunst zu bestaunen.
Die Atmosphäre ist ganz besonders. Yoga-Retreats können hier problemlos für kleinere Gruppen abgehalten werden. Über der Orangerie ist ein hübscher Raum, der dafür genutzt werden kann. Und im Felsenkeller wurde eine kleine feine Sauna eingerichtet.
Auch das auf der anderen Fluss-Seite gelegene 800 qm große Gelände des Callm (aka des Goldenen Löwen) hat das Paar, das die Münchener Kunstakademie mit Diplom verlassen hat, sorgfältig renoviert.
Hier kann man kleinere Feste feiern, es wird Bier gebraut, Gästezimmer und eine Destillerie für feinsten Gin, Whisky und Bierbrände sind außerdem auf dem Gelände beheimatet. Um die 500 Hektoliter rotes, weißes und schwarzes Bier aus Biozutaten werden im Kessel von 1939 pro Jahr gebraut. Einiges davon wird gebrannt und für die Callm Destillation verwendet. Nichts geht also verloren – im Sinne der Nachhaltigkeit.
Sloe Gin kommt von Sloe (= engl. Schlehe), hier werden Schlehen in Gin eingelegt, also in die jeweilige Rezeptur des Gin-Herstellers. Sloe Gin ist süß-herb und kann sowohl pur oder auch mit Prosecco aufgegossen als Aperitif oder mit einem trockenen Tonic genossen werden.
Die Biere und Destillate kann man direkt im urigen Gasthaus zum Bürstenbinder konsumieren, das vor allem für seine Bauchstechala weithin berühmt ist. Das ist im weitesten Sinne eine Art „handgewuzelte“ Pasta, die in verschiedenen Varianten serviert werden. Auch der Gemüsestrudel oder der Salat mit Schafskäse sind zu empfehlen
Eat & Art
Ihre Liebe zur Kunst leben Franziska und Jürgen fünfmal im Jahr in einem einzigartigen Event aus: Eat & Art. Franziska dazu: „Genau kann man das nicht sagen, was EAT & ART ist, denn unser Slogan ist ja: Um es erlebbar zu machen, muss man es erfahren – und das trifft es eigentlich ganz gut. Man kann es erahnen und umschreiben wie: Es verspricht ein einzigartiges Erlebnis, das Kunst und Kulinarik auf faszinierende Weise miteinander verbindet. Ein Verschmelzen von beiden sozusagen.
Es werden Rauminstallationen geschaffen, die partizipativ, interaktiv und alle Sinne ansprechend sind.“ Zwei Tage findet das Event jeweils mit gleichem Programm statt. Übernachtungspakete sind möglich.
https://www.zum-goldenenloewen.de
https://www.oans-kallmuenz.com/eat-art
https://www.schloss-raitenbuch.com
https://www.zum-buerstenbinder.com
Galerie Ludwig „Wigg“ Bäuml
Stellvertretend für die zahlreichen kleinen Galerien stelle ich euch die von Wigg Bäuml vor. Er lebt seit 1989 in Kallmünz und hat das sogenannte Bertholzhofener Schlösschen in der Vilsgasse, das kurz vor dem Einsturz stand, über Jahre hinweg selber saniert. Zur Straße hin hat er eine hübsche Galerie eingerichtet, in der er selbst ausstellt.
Gerade geht es um „Der Fund“ und den letzten Steinbock des Oberpfälzer Jura. Aber hier erzählen Bilder mehr als Worte.
Die Kulturschmiede
Ein ziemlich verfallenes mittelalterliches Haus, das eine Schmied beherbergte, hat auch der Musiker und Filmemacher Philippe Matic-de Arnauld zusammen mit seiner Frau Janine Brüssing entkernt, sorgfältig renoviert und zu einer Heimat für Kunst, Kultur und Kulinarik gemacht. Im lauschigen Innenhof oder im Café zur Gasse hin kann man Kaffee und Kuchen, leckere Drinks, Quiche und original Elsässer Flammkuchen konsumieren. Gastronomie-Chefin ist Philippes Mutter Ilse, die nebenan früher das Café Pique Nique bewirtschaftet hat.
Workshops, Hochzeiten, Seminare, Ausstellungen – das Team ist für alles offen. Im sogenannten K3 unterm Dach finden Konzerte und Aufführungen statt. K3 steht für Kunst, Kultur und Kreativität. Dieser Bereich wird von Hubertus Hinse betreut.
https://www.kulturschmiede-kallmuenz.de
Ausflüge
Zur Jura-Waldlandschaft rechts der Vils hat Wigg Bäuml fotografische Kunstwerke erschaffen. Zu Fuß leicht erreichbar sollte man diese unbedingt erwandern und am Ende das Traidendorfer Hammerschloss erkunden. Auch hier findet man Gästezimmer und viel Kunst.
Die Burgrunde ist natürlich auch ein Muss. Oben hat man einen tollen Blick aus das Naabtal und die Ortschaft. Neu ist eine drehbare Holzliege zum Schauen und Träumen. Geht man nach dem Burgtor links und wandert über Wiesen gelangt man auch ins benachbarte Traidendorf. Schön zu laufen ist auch die sogenannte Bärenschlaufe von Traidendorf aus. Mehr dazu unter
https://jurasteig.de/de/kallmünz.html
Regensburg ist natürlich nur 20 Minuten mit dem Auto weg. Es gibt eine Busverbindung, einen schönen Radweg und Kanutouren auf der Naab.
Gabriele Münter
1903 feierten Gabriele Münter und der Maler Wassily Kandinsky ihre „Kallmünzer Verlobung“ – über das illustre Paar hat Marcus O. Rosenmüller über Jahre einen Film gedreht, der jetzt Ende Oktober in die deutschen Kinos kommt. Er beginnt im Jahr 1942 in Murnau, wo Münter inzwischen alleine lebt und Werke Kandinskys, die sie ihm wegen des nicht eingehaltenen Eheversprechens abgeluchst hatte, vor der Reichkunstkammer versteckt.
Vor dem Ersten Weltkrieg Künstlerin im Deutschland zu werden, war nicht einfach. So lernte sie in München den verheirateten Kandinsky kenne, zu dessen Kurs sie zugelassen wurde. Im Gegensatz zur regulären Kunstakademie…
Irrungen und Wirrungen, Kallmünz kommt nur ziemlich kurz vor, trotzdem hat Gabriele Münter hier Spuren hinterlassen. Die Münter-Stuben gibt es leider nicht mehr. Auch das Künstler-Gasthaus mit wunderbarem Biergarten an der Vils wird seit Jahren nicht mehr bewirtschaftet. Ein bisschen fällt Kallmünz in einen Dornröschenschlaf, was eigentlich sehr schade ist. Denn es ist und bleibt ein inspirierender und wunderbarer Ort.
Weitere Tipps:
Mühlen-Café
https://www.facebook.com/p/Mühlencafé -Kallmünz-100083214884762/
Direkt an der Naab mit schöner Terrasse
Münter & Kandinsky
Alle Infos zum Film
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