Neue Bücher für Balkonien, See und Meer

17. Mai 2022 | immer.kreativ

Was gibt es Schöneres als am See, im Freibad oder auf dem Balkon ein schönes neues Buch aufzuschlagen oder? Lesen macht glücklich, wer liest, lebt hundert Leben. Bücher verlängern die Zeit, halten sie an. Beim Ersten, das ich übrigens meiner Schwester ausgeliehen habe, deshalb ist es nicht auf dem Foto, war ich mehrere Stunden tief traurig, dass es vorbei ist.

Lydia Sandgren: Gesammelte Werke (mareverlag) *

Kunst, eine Mutter, die ihre Kinder verlässt, Familie… Alles was ich mag. Und lasst euch nicht von der Dicke abschrecken. Grob gesagt geht es um den Göteborger Verleger Martin Berg, der in einer krise steckt. Seine Geschäfte stocken, Martins Frau Cecilia ist Jahre zuvor spurlos aus seinem Leben verschwunden, sein großes Romanprojekt liegt unvollendet in der Schublade, und seine tiefe Freundschaft zu dem gefeierten Maler Gustav Becker scheint erkaltet. Während Martin in Erinnerungen an seine Studienzeit in der Göteborger und Pariser Bohème versinkt, blickt seine Tochter Rakel an jeder Straßenecke in die Augen ihrer verschwundenen Mutter, deren Porträt das Plakat einer großen Gustav-Becker-Retrospektive ziert. Als Rakel glaubt, Cecilia in dem Roman eines Berliner Schriftstellers wiederzuerkennen, beginnt sie Nachforschungen anzustellen. Das ist natürlich alles weitschweifig und wirklich lang. Aber ich habe jede Seite genossen. Ein schöner Wälzer auch für den Urlaub. Falls ein Flug ansteht, besser die Kindle-Version kaufen 😉

Anne Tyler: Eine gemeinsame Sache (Kein & Aber)

Auch wieder eine Familiengeschichte, wie ich sie mag, Hier passiert eigentlich gar nicht viel. In Rückblenden werden mehrere Generationen der Familie Garrett beschrieben. Ein Urlaub am See, eine Reise nach New York. Enttäuschte Hoffnungen, neue Lebensmodelle, nachdem die Kinder aus dem Haus sind. Ein Hauch von Melancholie durchzieht das alles. Die Vergänglichkeit des Lebens, das Alter, alles was uns erwartet. Anne Tyler ist einfach ein sehr gute Erzählerin, die weiß wovon sie schreibt. Subtil und auch sehr empfehlenswert.

Nino Haratischwili: Das mangelnde Licht (Frankfurter Verlagsanstalt)

Ich liebe ja dicke Bücher und seit „Das acht Leben (Für Brilka)“ die georgische Schriftstellerin und Theaterregisseurin Nino. Die Geschichte ist wieder mitreißend, historisch sehr interessant, die Figuren liebenswert und glaubwürdig. Kurz gesagt geht es um vier Frauen. Drei davon treffen sich anlässlich einer Vernissage in Brüssel, die Fotografin, die hier geehrt wird, lebt nicht mehr. So viel ist bald klar. Diese Rahmenhandlung wird bis zum Schluss durchgehalten und wird am Ende leider auch etwas mühsam.

Ansonsten verliebt man sich natürlich in die Erzählerin, die Restauratorin Keto, die freiheitsliebende wilde Dina, die spätere Fotografin, die kluge Außenseiterin Ira und die romantische Nene, Nichte des mächtigsten Kriminellen der Stadt. Nach der lang ersehnten Unabhängigkeit vom ins Taumeln geratenen Riesen stürzt der junge georgische Staat ins Chaos. Zwischen den feuchten Wänden und verwunschenen Holzbalkonen der Tbilisser Altstadt finden sie Ende der 1980er-Jahre vier Mädchen zusammen und erleben die erste große Liebe, die aufbrandende Gewalt in den Straßen, Stromausfälle, das ins Land gespülte Heroin und die Gespaltenheit einer jungen Demokratie im Bürgerkrieg. Alles aktueller denn je.

Wie gesagt, ich liebe dicke Bücher, aber die Erzählung fasert in den letzten 200 Seiten zunehmend aus, leider. Trotzdem ein großes Leseerlebnis natürlich.

Milena Moser: Mehr als ein Leben (Kein & Aber)

Und noch ein tolles Buch aus dem kleinen Schweizer Verlag, der echt Großes vollbringt mit seinen Veröffentlichungen. In Milena Mosers neuem Roman geht es um „Was wäre wenn“: Helen könnte entweder nach der Trennung ihrer Eltern bei der alkoholkranken Mutter bleiben oder auf das Angebot ihres Vaters eingehen und in sein neues Haus samt neuer Freundin, pikanterweise ihre ehemalige Kindergärtnerin, ziehen. Dazu müsste sie aber erst ihre Mutter bei der Besucherin vom Jugendamt davon überzeugen, dass diese sich nicht genug um sie kümmert. Die Erzählung spaltet sich danach auf in Elaines Geschichte und die von Luna. Das kennt man aus anderen Romanen zum Beispiel von Lionel Shriver (Liebespaarungen, 2014) oder von einem Film mit Gwyneth Paltrow („Sie liebt ihn, sie liebt ihn nicht“, 1998).

Sehr spannend wird das Ganze, weil sich Elaine, die bei ihrer Mutter geblieben ist und den Kindergartenfreund Frank geheiratet hat, nach einem Sturz an nichts mehr erinnern kann. Und Luna, die in San Francisco lebt, denkt, dass sie erneut an Krebs erkrankt ist. Also alles hochdramatisch und keine Minute langweilig. Perfekte Urlaubslektüre!

* Die Cover enthalten sogenannte Affiliate-Links, das heißt, wenn du sie nach dem Klick dort kaufst, kostet dich das keinen Cent mehr, wir verdienen ein paar zum Erhalt dieses Magazins. Danke!

Ursula Gaisa

1968 in Schwandorf geboren. Studium Anglistik und Germanistik. Seit 1994 beim ConBrio Verlag. Journalistin, Buchautorin und Herausgeberin von immerschick.de

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