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Sommerlektüre 2020-2: Starke Frauen

13. August 2020

Helen Wolff: Hintergrund für Liebe, mit einem Essay von Marion Detjen, Weidle Verlag 2020, 216 Seiten

Die Geschichte ist schnell erzählt: Pärchen – sie jünger als er, unerfahrener – fährt im kalten München los und ab in den Süden von Frankreich. Dort stellt sich heraus, dass er ein Spieler und Frauenheld ist und Halligalli machen will, während die Dame ein Häuschen im Grünen samt Ruhe und Erholung will.

Das mondäne Leben der Côte d’Azur gegen retour a la nature in der den 1930er-Jahren sozusagen. Das Spannende daran ist nicht nur der lebendige Erzählstil, sondern dass die Autorin eigentlich wollte, dass man das Fragment verbrennt. Aber warum macht man es dann nicht selber? Außerdem handelt es sich um eine der interessantesten Verlegerinnenpersönlichkeiten der 20. Jahrhunderts. Helen Wolff lernte ihren späteren Ehemann in dessen Verlag in München kennen und lieben und reiste natürlich wirklich 1932 mit ihm nach Südfrankreich.  1933 heiratete sie Kurt Wolff und emigrierte mit ihm nach Frankreich. Im New Yorker Exil baute sie 1942 gemeinsam mit ihm den Verlag Pantheon Books auf. Als Verlegerin eroberte sie nach dem Zweiten Weltkrieg mit zahlreichen deutschen und europäischen Schriftstellern (Günter Grass, Max Frisch, Uwe Johnson, Italo Calvino) den US-amerikanischen Buchmarkt.

Gefunden hat es im Nachlass eine Großnichte Helens , die es versehen mit einem langen Essay jetzt im Weidle Verlag herausgegeben hat. Eine kleine literarische Sensation und eine wunderbar leichte Lektüre, die einem den Corona-Sommer versüßt. Alles ist da: das Meer, skurrile Gestalten, eine Paar, das sich findet, und allerlei Lokalkolorit mit Katzen und viel Natur. Bonne journée!

(Rezensionsexemplar, danke an den Verlag!)

Alexa Hennig von Lange: Die Wahnsinnige, DuMont 2020, 208 Seiten

Noch eine Frau, die man heutzutage als (fast) emanzipiert und nicht als wahnsinnig bezeichnen würde: Johanna von Kastilien kämpft 1503 leidenschaftlich für ihre Freiheit. Als unfreiwillige spätere Erbin eines Weltreiches wurde sie mit Philipp dem Schönen verheiratet, mit dem sie inzwischen vier kleine Kinder hat. Dass er ihr ständig untreu ist, erträgt sie so wenig wie eine zeitweilige Trennung von ihm.

Ihre Mutter, Isabella die Katholische, lässt sie zur Festung La Mota bringen, wo sie wieder beichten lernen und zur Vernunft kommen soll. Ein beklemmender Roman mit eindrücklicher bildhafter Sprache, die einen hineinzieht in diese dunkle Welt, als selbst adelige Frauen kaum ein Recht auf Selbstbestimmung hatten. Und Wutanfälle sofort als Wahnsinn deklariert wurden.

(Rezensionsexemplar, danke an den Verlag! Erscheint am 18. August 2020)

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