Weltkulturerbe Regensburg im Winter – 5 magische Orte

26. Januar 2022 | immer.unterwegs

Die nördlichste Stadt Italiens wird sie oft genannt: UNESCO Weltkulturerbe Regensburg. Stadt am Regen, Castra Regina, die Römer haben es am nördlichsten Punkt der Donau als Legionslager und später als Kastell gegründet. Spuren davon sind in der ganzen Altstadt verteilt. „document“ werden dieses historischen Ausgrabungen und Überreste genannt. Unter anderem auch die jüdische Synagoge am Neupfarrplatz, die während eines Pogroms im 15. Jahrhundert zerstört wurde. Museen und Galerien sind also der erste Tipp für Regensburg im Winter, tagelang könnte man darin unterwegs sein. Wer sich schnell und sehr plastisch zur Geschichte der Stadt informieren möchte und vielleicht Kinder dabei hat, dem sei der allgemein zugängliche Film über die Entstehung Regensburg im Schnelldurchlauf im Haus der Bayerischen Geschichte empfohlen.

#1 – Geschichte und Kunst: der Leere Beutel

Im Sommer brodelt es in der gesamten Innenstadt: Kreuzfahrtschiff- und Tagestouristen sitzen zusammen mit den zahlreichen Studierenden und Einheimischen draußen vor den Cafés, Lokalen und Restaurants -zum Beispiel am Haidplatz (Titel-/Beitragsbild). Die berühmte Steinerne Brücke, die Stadtamhof mit der Altstadt verbindet, ist schwarz von Menschen. Im Winter, wenn auch die Weihnachtsmärkte wieder geschlossen haben, geht es viel geruhsamer zu. Zwar bläst einen oft der Wind von der Seite an, zum Beispiel an der kältesten Stelle am Ende der Steinernen kurz vor dem Brückturm, aber das nächste gemütliche Café ist nicht weit.

„Die Stadt ist wie eine große Altbauwohnung, wo die Straßen und Gassen zu Korridoren werden. Wenn man will, trifft man sich in der Gemeinschaftsküche. Am Haidplatz zum Beispiel. Man verharrt dort 10 Minuten – und innerhalb dieser 10 Minuten kommen unter Garantie 20 Leute vorbei, die man kennt.“

Neli Färber, Mitbegründer Orphée in Top 99 Regensburg

Zum Aufwärmen und sich inspirieren lassen kann man aber auch eintauchen in die Museen- und Galerienlandschaft der Donaustadt. Wechselnde Ausstellungen und eine kleine Sammlung mit Werken ostbayerischer Künstler*innen gibt es zum Beispiel in der Städtischen Galerie im Leeren Beutel, gleich zwischen dem Haus der Bayerischen Geschichte und dem Stadtmuseum. In dem ehemaligen Getreidespeicher gibt es außerdem ein Slow Food Restaurant, ein Programmkino und einen Jazzclub.

Das größte Haus ist das Kunstforum Ostdeutsche Galerie direkt neben dem Stadtpark. In der gesamten Altstadt schlendert man auch immer wieder an kleinen Galerien vorbei. Eine schöne Übersicht, hier aktuell zu den regelmäßig stattfindenden Galerienabenden, findest du hier.

Städtische Galerie Leerer Beutel, Restaurant Leerer Beutel und Jazzclub:

Bertoldstraße 9, 93047 Regensburg

#2 – Wohnen und Speisen im Orphée

Eines der legendärsten Orte in Regensburg – vom gastronomischen Gesichtspunkt her – ist das Orphée in der Unteren Bachgasse. Gegründet von einem Septett aus Sozialpädagogen, Alt-68igern und dem findigen Junggastronomen Neli Färber ist es heute immer noch ein charmanter Ort mit so französischem Flair, das man in ganz Frankreich nicht mehr findet. Stammgast Wim Wenders schreibt darüber:

„Das Orphée ist einfach unverkennbar. Sie denken, ich übertreibe jetzt? Oh nein! Als ich mich da zum ersten Mal hineingesetzt habe, habe ich auch erst mal nur ungläubig um mich geschaut. Ein Déja Vu? Wo war ich? War ich hier nicht schon mal vorher gewesen? Ich fühlte mich vom ersten Moment an zu Hause, als ob ich schon Stammgast sei. (Sogleich wissend, daß ich es unvermeidlich würde…)“

Website Hotel Orphée

Holzgetäfelt, vollgepflastert mit Kunst, originellen Postern, Antiquitäten, Plüsch und Samt – das ist das Café, Bistro und Restaurant, das auch drei Häuser zum Wohnen hat: das kleine Haus am Kohlenmarkt, das Landhaus Andreasstadel in Stadtamhof und 33 große Zimmer direkt über dem Restaurant, das wir auf Einladung besuchen durften. (Pressereise)

45 Jahre alt wird das Orphée im Oktober 2022 – und allein darüber könnte man einen sehr langen Artikel verfassen. Am schönsten hat das Neli Färber aber selber in einem Buch zum 40. Geburtstag des Hauses gemacht, und das sei jedem ans Herz gelegt, der sich für die Entstehung und Geschichte interessiert. Legendäre Bälle, Opern und Feste haben hier in den 80er- und 90er-Jahren stattgefunden. Zu den Stammkunden zählten Charles Aznavour, Gudrun Landgrebe, Jan Weiler oder oben erwähnter Wim Wenders. Adele Neuhauser war während ihrer Zeit im Regensburger Stadttheater hier Dauergast und Freundin des Hauses. Sehr schön beschrieben wird ein Tag im Orphée im Merian-Heft zu Regensburg von Gerhard Waldherr.

Dementsprechend originell sind auch die Zimmer und das Hotelkonzept: knarzende Holzböden, Stuckdecken, Antiquitäten, orientalische Bilder und Wandbehänge, Himmelbetten und viel viel Platz. Wer einmal hier einkehrt, kommt immer wieder.

Hotel und Restaurant Orphée

Unter Bachgasse 8, 93047 Regensburg

#3 – Komm in den totgesagten Park

Die Regensburger Altstadt ist von einem Alleengürtel umzogen, von dem aus wiederum zahlreiche Parkanlagen wegführen. Gerade im tiefen Winter sind sie fast verlassen und von einer besonderen Melancholie durchzogen. Bei Frost und Schnee ist mein Liebling, der Herzogspark neben dem Naturkundemuseum, leider geschlossen. Aber es gibt ja noch den Stadtpark (mit der Ostdeutschen Galerie), den Inselpark zwischen der Donauarmen, den Dörnbergpark oder den Grieser Spitz.

#4 – Altstadtbummel – Shopping bei Blinkfüer Handdruck

Stellvertretend für die vielen originellen kleinen Geschäfte in Regensburgs Altstadt haben wir das Handdruck-Atelier von Susanne Kauth besucht. Die gebürtige Lübeckerin hat es nach 17 Jahren Berlin wegen eines Jobwechsels ihres Mannes in die Donaustadt verschlagen. Hier entstanden dann 2005 ihre ersten „Blinkfüer“-Handdrucke im Rahmen des Regensburger Kunstkaufhauses (K2H). Blinkfüer heißt übrigens auf Plattdeutsch Leuchtturm – Susanne hatte als Kind vor, Leuchtturmwärterin zu werden. Jetzt gestaltet sie in ihrem Atelier Papier, alte Landkarten, Federn, Stoffe, Vintage-Rucksäcke und andere Träger per Hand mit historischen Holz- und Bleilettern und Buchdruckklischees sowie vor allem mit Linoldrucken, für die sie eigene Zeichnungen in Linol schneidet.

Alle Arbeiten sind Unikate oder Kleinserien, die sie seit 2010 in einem eigenen Ladenatelier und seit 2016 in ihrem Traumgeschäft in der Oberen Bachgasse präsentieren und verkaufen kann.

„Aus dem mittelalterlichen Waaggässchen in die luftig hellen Räume eines Jugendstilhauses, an dem ihr auf dem Weg zum Schloss Thurn und Taxis vorbei kommt. Mir gefällt es sehr im Kiez mit meinen wunderbaren Nachbarn Anna vom „Bagelstore Tigergreen“, Jasmin aus dem „Füllgut“ (dem einzigen Unverpackt-Laden Regensburgs) und den Weinhändlern Werner und Reiner. Besonders an den Samstagen ist in unserer Gasse ein buntes Treiben, und es herrscht eine gelassene und entspannte Atmosphäre, die zum Verweilen und Plaudern einlädt.“

Seit 2017 ist wie Kooperationspartnerin der „Buchkinder Leipzig e.V.“ und bietet unter dem Namen „Buchkinder Regensburg“ in einem Nebenraum ihres Ateliers Druckkurse für Kinder und Jugendliche an.

www.blinkfuer-handdruck.de

Susanne nimmt auch telefonische Bestellungen entgegen und verschickt ihre Produkte auf Wunsch: blinkfuer@gmx.de, Tel. 0172/6672327 

Obere Bachgasse 20, 93047 Regensburg

#5 – Theater, Kino und Kleinkunst – das Statt-Theater

Weit über die Stadtgrenzen hinaus hat Regensburg einen hervorragenden Ruf, was das Kino und Filmfestivals betrifft. Neben einem großen Multiplexkino und dem oben erwähnten Kino im Leeren Beute, wären da noch das Regina in Steinweg, das Ostentorkino, die Kinos im Andreasstadel und das wunderschöne GARBO im Weißgerbergraben.

Und selbstverständlich hat Regensburg ein Stadttheater mit verschiedenen Spielorten, es gibt aber auch interessante kleine Bühnen wie das Akademietheater, das Turmtheater oder die winzige Kellerbühne – das Kabarett Statt-Theater, das es gerade während der Pandemie sehr sehr schwer hat. Denn wie will man denn bei einem zwar immer wieder modernisierten, aber doch sehr begrenzten Zuschauerraum mit 70 Sitzplätzen Abstand halten und doch die Künstler*innen bezahlen?

Alles was Rang und Namen hat und hatte in der bundesdeutschen Kleinkunstszene war hier schon zu Gast: von Hanns Dieter Hüsch, Werner Schneyder, Georg Kreisler, Evelyn Künnecke, Ursula Schmitter (Pfeffermühle Leipzig), Barbara Kuster (Berlin), Luise Kinseher, Simone Solga (Pfeffermühle + Mü Lach-+Schieß), Maria Peschek, Constanze Lindner und Helen Vita über Volker Pispers bis zu Frank Lüdecke .

Hier nahm und nimmt man gerne in Kauf, dass man wegen des begrenzten Platzes nicht so viel Geld wie anderswo verdienen kann – die unvergleichliche Atmosphäre und das umsichtige Hausensemble, das es bis heute auch bewirtschaftet und führt, machen das wett. 1984 von Hanne Asch, Inge Faes und Peter Nikisch gegründet in einem mittelalterlichen Gewölbe, das einstmals eine Backstube beherbergte, wird es inzwischen auch in zweiter Generation mit von Matthias Nikisch zusammen mit Faes und Vater Peter Nikisch geführt. Das Ensemble, das jedes Jahr ein neues Programm selbst aufführt besteht aus Faes, Matthias Leitner und Tobias Ostermeier.

Kleinkunstbühne Statt-Theater

Winklergasse 16. 93047 Regensburg

Der perfekte Wintertag im Schnelldurchlauf

Frühstück im Orphée – Spaziergang über den Haidplatz zum Stadtpark über den Alleengürtel zum Herzogspark, über die Wehrbrücke in den Inselpark – zurück über die Steinerne Brücke. Bei Hunger eine Bratwurstsemmel in der Historischen Wurstkuchl oder weiter zum Leeren Beutel, Stärkung mit Mittagsmenü, Besuch der Galerie. Regensburg-Film anschauen im Haus der Bayerischen Geschichte – Stadtbummel mit Shopping bei Blinkfuer. Ausruhen im Kaffeehaus oder im Hotel Orphée, kurzes Dinner dort oder im Sticky Fingers von Sternekoch Anton Schmaus – Statt-Theaterbesuch – Absacker im Bonaparte.

Lieber googeln 😉

Lang nicht alles! ;-

Das ist natürlich ein subjektiver Blick und Auswahl. Was man und frau im August – ein ebenfalls unterschätzter Reisemonat – in Regensburg alles tun kann, findest du jetzt hier.

Jede Menge Tipps, viele schöne Orte, Stadtteilführungen, Interviews und so weiter bietet das Online-Magazin

www.regensburgnow.de

Ein weiterer schöner Blog, der auf Nachhaltigkeit, Wanderungen und Natur setzt ist

sophias-welt.de

Update November 2022

Der kulturkick-regensburg.de/ will ab sofort dafür sorgen, dass in Regensburg in der kalten Zeit Anfang des Jahres auch kulturell mehr los ist. Und eine neues Jazz-Festivals gibt es ebenfalls: sparks-and-visions.com/ sorgt vom 27. bis 29.1.2023 für außergewöhnliche Konzerte!

Ursula Gaisa

1968 in Schwandorf geboren. Studium Anglistik und Germanistik. Seit 1994 beim ConBrio Verlag. Journalistin, Buchautorin und Herausgeberin von immerschick.de

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6 Kommentare
  1. Danke für die Stadführung und due Tipps! Mit der Karte, sehr hilfreich! Liebe Grüße!

    Antworten
    • Das freut mich sehr, liebe Mira. Und gib unbedingt Bescheid, falls du ins Städtchen kommst. Liebe Grüße Ursula

      Antworten
  2. Ein wirklich toller Artikel über das schöne Regensburg!
    Vielen Dank noch einmal für die Verlinkung 🙂

    Antworten
    • Sehr gerne liebe Sophia, ich finde deine Blog toll. Da findet man jede Menge gute Tipps und Ideen. Alle Gute weiterhin! Ursula

      Antworten
  3. Wunderbare Tipps liebe Ursula, die Lust machen, nach Regensburg zu kommen. Und außergewöhnlich sind die Tipps noch dazu. Ich war schon öfter in Regensburg, kenne von Deinen Tipps aber nur das Orphée, und das auch nur als Restaurant, das Hotel steht schon lange auf meiner Liste, aber hat noch nicht geklappt. Aber vielleicht in diesem Jahr.
    Liebe Grüße von Nürnberg nach Regensburg
    Sigrid

    Antworten
    • Das ist schön, wenn Du Neues erfahrene konntest, liebe Sigrid. Komm vorbei und ich zeig Dir noch viel mehr. Liebe Grüße Ursula

      Antworten

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