Im Hier und Jetzt – Interview mit einer Hutmacherin

19. Oktober 2019 | immer.kreativ, immer.schick

Lilo Kincaid heißt eigentlich Michelle und ist in den USA geboren. Mit drei Jahren kam sie mit ihrer deutschen Mutter zurück nach Bayern. Die gelernte Modistin ist seit 2002 selbstständig und betreibt einen kleinen Laden im Regensburger Viertel Stadtamhof. Dort kann man sich seinen Hut auf den individuellen Kopf anfertigen lassen oder eines der schönen Modelle aussuchen. Auch ihre farbenfrohen Stoffsommerhüte  sind allesamt handgefertigt, made in Germany und faltbar – Sonnenschutz zum Mitnehmen. Lilo stellt aber Filz- und Strohhüte sowie Headpices her. Nachhaltigkeit und Fairtrade sind ihr wichtig. Online kann man seinen Kopfumfang angeben und ebenfalls bestellen.

Liebe Lilo! Die Hüte! Seit wann gibt es diese Liebe?

Das begann alles schon ziemlich früh: den Ersten hatte ich so mit 11. Das war ein ganz Flacher mit einem Rundkopf – ein Boy-George-Hut. Den hab‘ ich bei meiner Tante abgestaubt, und ich fand ihn total lässig. Da ging’s los. Und dann wollte ich eigentlich immer schon etwas Kreatives machen…

Warst du in der Schule auch schon kreativ?

Da war ich im musisch-sozialen Zweig, wir hatten Werken und Kunsterziehung. Im Handarbeiten war ich aber tendenziell immer schlecht. Meinen ersten Kartoffeldruck habe ich in Schwarz, Mittelgrau, Hellgrau und Weiß hergestellt. Da bekam ich wegen der Farbwahl schon mal eine Drei. Das Deckchen war auch grau.

Seitdem fädle ich so dahin…

An einer Nähmaschine saß ich das erste Mal mit Zehn. Da hat mich mein Großvater herangeführt. Da bekam ich auch meinen ersten Wutanfall, weil ich die Maschine nicht in den Griff bekam. Seitdem fädle ich so dahin, und das ist nie mehr abgerissen, der Faden sozusagen.

Dein Opa hat also genäht?

Der hat uns alles selber genäht: vom Lederbeutel bis hin zu kleineren Sachen wie Schals. Er hat uns Puppenstuben und -wiegen gebaut. Er war handwerklich äußerst geschickt. Es gibt so Menschen, die können einfach alles. Und wenn er etwas nicht konnte, hat er sich so lange hin gesetzt, bis er es konnte.

Er war also schon ein Vorbild für dich?

Ja! Das ist total praktisch, wenn man so früh schon jemanden hat, an dem man alles toll findet.

Dann kam als erstes die Schneiderlehre oder?

Ja, ich war ein Jahr lang bei Laborn-Modelle, die wahnsinnig aufwändige Cocktail- und Abendkleider hergestellt haben. Da habe ich, was das Feinstoffliche an geht, sehr viel gelernt. Das war aber eigentlich nur eine Zeitüberbrückung bis ich endlich ins Modistenhandwerk einsteigen konnte. Ich wollte schon immer Hutmacherin werden.

Gab oder gibt es denn Vorbilder in Sachen Hüte?

In unserer Generation natürlich Stephen Jones oder Philip Treacy. Die ganz Großen, klar. Im Laufe der Zeit wechselt das aber, man lernt ja immer mehr Neues kennen.

Die 30er-Jahre scheinen dich auch sehr zu inspirieren, wenn man deine Modelle so anschaut?

Inzwischen komme ich fast nicht mehr zu den Hüten, weil ich immer so an diesen Stoffsachen fest hänge. Aber vielleicht bekomme ich ja irgendwann wieder die Kurve zu dem eigentlichen Handwerk.

Also würdest du eigentlich gerne 500-Euro-Hüte für Ascot fertigen?

Nein, sonst würde ich das ja auch machen. Aber von Zeit zu Zeit muss man sich ja wieder etwas verändern, wer weiß.

Ein Hut ist für dich…

…was Schönes!

Trägst du privat auch immer Hut?

Normalerweise ja, außer ich brüte gerade etwas Neues aus, da muss der Kopf dann unbedeckt sein.

Was inspiriert dich?

Schöne Dinge und Bewegung. Ich bin ein Bewegungsmensch und lasse mich auch von der Natur sehr inspirieren. Wenn ich vom Radfahren komme und sehe eine Kohlmeise mit einem Kern im Schnabel, die mich direkt anschaut, das ist wunderbar. Das macht mich glücklich, und dann kann ich am nächsten Tag wieder weitermachen.

Woher beziehst du deine Stoffe?

Ich habe einen Händler, der mir immer sehr schöne Sachen kredenzt. Aber auch Freunde und Bekannte kennen meine Vorlieben für afrikanische Stoffe und bringen mir von ihren Reisen Material mit. Ansonsten experimentiere ich auch mal mit Strickbünden und anderen Materialien wie Plastikfolie für Regenhüte.

Du hast wahrscheinlich einen riesigen Fundus?

Ja, leider.

Wo siehst du dich in fünf oder zehn Jahren, was wäre deine Traumvorstellung?

Ich denke nicht so weit. Für mich ist ein halbes Jahr schon lang.

Wie sind deine Lieblingskundinnen, die zu dir in den Laden kommen?

Sie sollen Elan mitbringen. Das ist wichtig.

www.lilokincaid.de

Shop unter https://www.etsy.com/de/shop/LilosHutsalon

Ursula Gaisa

1968 in Schwandorf geboren. Studium Anglistik und Germanistik. Seit 1994 beim ConBrio Verlag. Journalistin, Buchautorin und Herausgeberin von immerschick.de

Ähnliche Beiträge

Meereskollagen: Wissenschaft, Wirksamkeit und HECH’s Ruby-Formel
Meereskollagen: Wissenschaft, Wirksamkeit und HECH’s Ruby-Formel

Werbung. Manchmal wünschte ich, dass ich das Wissen um Kollagen schon viel früher gehabt hätte. Denn wie schon im Artikel zum veganen Kollagen von HECH geschrieben, nimmt die körpereigene Produktion des wichtigsten Proteins in unserem Körper bereits ab einem Alter von...

Lesen: Buchtipps für den Sommer 2024
Lesen: Buchtipps für den Sommer 2024

Für einige hat sie ja bereits begonnen – die Urlaubs- und Ferienzeit. Und was wäre ein Strand ohne Bücher? Ich reise jedenfalls immer mit mindestens drei Exemplaren. Der Rest stapelt sich auf dem Tisch neben dem Bett. Kein Nachtkästchen, das ist zu klein. Es sind...

Sabinas Stil-Kolumne: Wohlfühl-Look
Sabinas Stil-Kolumne: Wohlfühl-Look

Hauptsache, du fühlst dich wohl, hat alle Moderegeln scheinbar ersetzt. Passt die dicke Jacke zur dicken Hose, oder macht mich das zum Michelin Männchen im Sommer? Egal, Hauptsache, du fühlst dich wohl. Und was ist mit dem Maxikleid in Knallfroschgrün? Bin ich...

Vorbilder: Angela Fabel von All Fab Ethical
Vorbilder: Angela Fabel von All Fab Ethical

Die Unternehmerin Angela Fabel wurde an Silvester 1971 in Bremen geboren. Nach dem Abitur zog sie nach Berlin, um Mode-Design an der Hochschule für Technik und Wirtschaft zu studieren. Diese Zeit war geprägt von kreativen und neuen Erfahrungen. Nach ihrem Abschluss...

Das vegane Kollagen von HECH
Das vegane Kollagen von HECH

Ich bin sehr froh, euch meinen neuen Partner HECH Functional Nutrition vorstellen zu dürfen. Kollagen ist nicht nur wichtig für Haut und Haare, sondern spielt auch in punkto Beweglichkeit und Knochengesundheit eine wichtige Rolle. Deshalb nehme ich seit ein paar...

Sommer: Mode, Dr. Vivien Karl, Sonnenschutz, Sandalen
Sommer: Mode, Dr. Vivien Karl, Sonnenschutz, Sandalen

Er ist im Anmarsch und kurz hat er auch schon einige Male vorbeigeschaut: der lang ersehnte Sommer. Damit er noch schöner wird, haben wir einige Ideen und neue Produkte erkundet und möchten euch diese vorstellen.* (Titelfoto: Claudia Omonsky) Fangen wir mit der Mode...

0 Kommentare

Einen Kommentar abschicken

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Hallo!

Herzlich willkommen bei immerschick.de. Dieses ü50-Blogzine soll von allem handeln, was das Leben einfacher, schöner und interessanter macht: von gesunden, aber leckeren vegetarisch-veganen Rezepten, modischen Anregungen, Beauty und Lifestyle, Reisen und spannenden Büchern. Nachhaltigkeit und Slow Fashion liegen uns besonders am Herzen. Denn vielleicht können wir die Welt ein kleines bisschen besser machen.

Unsere Krimi-Komödie

Newsletter

Bitte wählen Sie aus, wie Sie von uns hören möchten:

Sie können sich jederzeit abmelden, indem Sie auf den Link in der Fußzeile unserer E-Mails klicken. Informationen zu unseren Datenschutzpraktiken finden Sie auf unserer Website.

We use Mailchimp as our marketing platform. By clicking below to subscribe, you acknowledge that your information will be transferred to Mailchimp for processing.Learn more about Mailchimp’s privacy practices here.