5 Buchempfehlungen für den Herbst

02. Oktober 2019 | immer.kreativ

Mareike Fallwickl: Das Licht ist hier viel heller (Frankfurter Verlagsanstalt)

Mareile Fallwickls erster Roman „Dunkelgrün fast Schwarz“ war eines meiner Lieblingsbücher 2018. In ihrem zweiten Buch, das Ende August erschienen ist, greift sie ein heißes Thema auf: sexuellen Missbrauch und Gewalt gegen Frauen. Aber erst einmal geht es um den selbstherrlichen Chauvi und Ex-Erfolgsschriftsteller Maximilian Wenger, der von seiner Frau verlassen und verlottert in einer kleinen Wohnung herum sitzt und sich von seiner älteren Schwester versorgen lässt.

Poetische, herzzereißende Briefe

Dann treffen diese Briefe an seinen Vormieter ein: poetische, herzzerreißende Briefe einer Frau, die nach San Remo gezogen ist – nicht freiwillig. Diese liest auch zufällig Wengers Tochter Zoey, eigentlich Chloé, die am besten gezeichnete Figur des Buches. Sie ist rebellisch, künstlerisch begabt – und fällt in die Hände eines Fotografen, für den sie neben der Schule arbeitet.

Ihr Bruder Spin ist einer der wenigen Vertrauen, sie sind ein Herz und eine Seele, denn als der Vater noch Erfolg hatte, war er so gut wie nie zu Hause, die Mutter, inzwischen mit einem jüngeren Fitnessguru liiert, war und ist auch mehr an ihrer Karriere als an ihren Kindern interessiert.

Am Anfang des Buches denkt man, gibt es solche Typen wirklich noch? Doch ist wahrscheinlich jede Frau schon einem begegnet, außerdem entwickelt sich die Geschichte – auch um das neue Buch von Wenger, das durch die Briefe der Unbekannten inspiriert wird, – bald vielschichtig. Spannend ist das Ganze auch noch.

Und als ich mich umsehe, die Brückenbögen, das dunkle Wasser anschaue, spüre ich es deutlich. Obwohl ich in der Fremde bin, auf der Suche, auf der Reise, obwohl ich vielleicht Sehnsucht haben sollte und Angst, fühle ich mich vielmehr, als sei ich im Weggehen nachhause gekommen.

Mareike Fallwickl

Es ist immer wieder erstaunlich, wie viele tolle Schriftstellerinnen und Schriftsteller das kleine Land Österreich hervor bringt, die eine ganz eigene Sprache für sich entwickeln. Gut dass sich die talentiert freie Texterin und Autorin getraut hat, Romane zu schreiben. Ich bin sehr gespannt auf den Nächsten.

Auf Instagram ist Mareike übrigens als the_zuckergoscherl unterwegs und versorgt Leserinnen und Leser dort immer mit tiefgründigen Buchtipps.

(Buch selbst gekauft, Cover ist eine Affiliatelink)

Ildikó von Kürthy: Es wird Zeit (Wunderlich)

Vielleicht hätte ich erst diesen Roman, dann den von Mareike lesen sollen. Und ich möchte voraus schicken, dass ich Ildikó von Kürthy als Kolumnistin der BRIGITTE und als Person sehr sympathisch und witzig finde. ABER einiges in dieser Geschichte um die 49-jährige Judith, die nach dem Tod ihrer Mutter in ihre Heimatstadt zurück kehrt, um die Urnenbeisetzung zu organisieren, hat mich einfach ziemlich gestört. Die Handlung wird immer und immer wieder durch sehr weitschweifige tiradenartige Ausführungen zu Themen wie das Altern, Gewichtsprobleme, die Liebe, das Leben und und und unterbrochen. Das geht so weit, dass man manchmal komplett den Faden verliert.

In der Mitte des Lebens

Das selbstmitleidige Wechseljahresgejammer der Hauptfigur hätte es auch nicht gebraucht. Derartig abgespeckt wäre dann eine schöne „Mitte-des-Lebens“-Geschichte zum Vorschein gekommen. Was sie natürlich trotzdem tut irgendwie. Von Kürthy kann unterhaltsam und facettenreich schreiben, was sie ja schon oft bewiesen hat. Die Figuren sind liebevoll gezeichnet: das gibt es die ehemals beste Freundin Anne, von der Judith wegen eines Missverständnisses und schlechtem Gewissen 20 Jahre getrennt war und die jetzt an Bauchspeicheldrüsenkrebs leidet. Der beste schwule Freund und dessen Lebensgefährte, der früher in der gemeinsamen WG lebte, ist lustig und tollpatschig. Exfreund Heiko erweckt alte Gefühle in Judith, denn ihr Mann Joachim war eine Notlösung, nachdem die große Liebe Michael auf einer Reise umgekommen ist. Trotzdem haben sie drei Kinder miteinander groß gezogen.

Foto: Sonja Tobias

Und jetzt soll sie das Haus ihrer Kindheit auflösen. Drei Tannen rauschen im Wind, Kindheits- und Jugenderinnerungen kommen hoch, die echte (Mit-)Gefühle – zumindest bei anderen Mitfünfzigern – aufkommen lassen. Und ja, ganz zum Schluss, habe ich ein, zwei Tränchen verdrückt ob des versöhnlichen utopieartigen Schlusses.

Ein Rezensionsexemplar wurde mir freundlicherweise vom Verlag zur Verfügung gestellt. Das Cover ist ein Affiliatelink.

Andrea Gerk: Fünfzig Dinge, die erst ab fünfzig richtig Spaß machen, mit Illustrationen von Moni Port (Kein & Aber)

Ein Büchlein, das echt Spaß macht – eine Art Bucket-List für die Mitte des Lebens. Andrea Gerk, geboren 1967, arbeitet als Autorin und Moderatorin für verschiedene ARD-Sender. Sie hat ein Buch über Lesen als Medizin (2015) und zuletzt das Lob der schlechten Laune (2017) veröffentlicht. Mit ihrer Familie lebt sie in Berlin.

Älter werden, heißt auch besser werden.

Jack Nicholson

Unter diesem Motto schickt einen die Autorin auf eine vergnüglich Reise: zum Pilzesuchen, auf eine Kur inklusive Kurschatten, zu den Eltern, um mir ihnen über früher zu sprechen. Man könnte all seine Verflossenen einladen, Sauerteigbrot backen und ausführlich über Krankheiten sprechen, etwas zum ersten Mal tun und eine Playlist für die eigene Beerdigung zusammenstellen. Die modernen liebevollen Illustrationen lassen einen noch lieber in diesem witzigen kleinen Buch blättern. Ein hübsches Geschenk, das die Lebenslust anfachen kann und soll.

Verlosung

In Zusammenarbeit mit dem Kein & Aber Verlag darf ich ein Exemplar verlosen. Mitmachen kann man bis 15. Oktober 2019: auf Instagram, Facebook oder hier, indem man einen Kommentar mit dem Vermerk „Ich will gewinnen“ hinterlässt. Viel Glück!

Ein Rezensionsexemplar wurde mir freundlicherweise vom Verlag zur Verfügung gestellt. Das Cover ist ein Affiliatelink.

Tara Isabella Burton: So schöne Lügen (DuMont)

Eine echt wilde Geschichte, die so gar nichts mit Mitte des Lebens und älter werden zu tun hat. Louise ist Ende zwanzig und wollte eigentlich Schriftstellerin werden – jetzt lebt sie in Brooklyn, hat mehrere miserabel bezahlte Jobs und wird von Selbstzweifeln geplagt.

Sie trifft auf Lavinia, die alles hat, was sie nicht hat: eine Wohnung auf der Upper East Side, reiche Eltern und ein glamouröses Partyleben, das sie auf sämtlichen sozialen Netzwerken teilt. Die beiden werden Freundinnen. Louise wird auf Partys herumgereicht, lässt sich von Lavinia einkleiden, schließlich zieht sie sogar bei ihr ein, weil sie vor lauter Ablenkung ihre Jobs und ihre Wohnung verliert.

Finger weg vom Ex!

Irgendwann beginnt sie, die Freundin zu bestehlen. Und da ist auch noch Lavinias große Liebe Rex, zu dem sich Louise sofort hingezogen fühlt, was natürlich nicht gut enden kann. Burton hat sicher viel Fitzgerald und Capote gelesen. Da ich aber die wilden Zwanziger und schillernde ungewöhnliche Charaktere sehr mag, konnte ich dem Buch durchaus einiges abgewinnen. Der Schreibstil ist gewöhnungsbedürftig, die Entwicklung von Louise etwas zu drastisch und wenig nachvollziehbar, aber spannend ist das allemal.

(Buch selbst gekauft, das Cover ist ein Affiliatelink.)

Iris Apfel – Accidental Icon: Stil ist keine Frage des Alters (Midas Collection)

Zum Schluss noch ein Buch für Fashionistas. Iris Apfel ist eine lebende Legend mit unnachahmlichen Stil. Jetzt ist ihr Erinnerungsbuch in der deutschen Übersetzung erschienen. Gewidmet hat sie es ihrem verstorbenem Mann und ihren Eltern.

Ein klassisches sehr schön gestaltetes Coffee-Table-Book, das man immer wieder von Neuem durchblättern und genießen kann. Apfels langes Leben war und ist bunt, kosmopolitisch und nie langweilig. Hier bekommt man Einblicke in ihre Wohnung, die genauso bunt ist wie ihre Outfits, in ihren Kleiderschrank und in ihr Leben.

Du musst dich interessieren, um interessant zu sein.

Iris Apfel

Es gibt aber auch Tipps zum Gelingen einer langen Ehe, wie man Karriere macht und wie man Mode nicht zu ernst nimmt und trotzdem genießen kann. Ein aufregender Spaziergang durch das 20. Jahrhundert, was Iris hier aufblättert. Aufschlussreiche Anekdoten, weitere Tipps und Anregungen, wie man auch im hohen Alter jung bleibt, vervollständigen diesen „Paradiesvogel von einem Buch“. Iris ist und bleibt ein echtes Vorbild.

Ein Rezensionsexemplar wurde mir freundlicherweise vom Verlag zur Verfügung gestellt. Das Cover ist ein Affiliatelink.

Ursula Gaisa

1968 in Schwandorf geboren. Studium Anglistik und Germanistik. Seit 1994 beim ConBrio Verlag. Journalistin, Buchautorin und Herausgeberin von immerschick.de

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