Buchhunger? Literaturtipps – Neuerscheinungen
Jede Menge Bücher erscheinen gerade wieder. Was gut tut, denn wer liest, lebt hunderte von Leben oder? Die Bücher wurden mir teilweise von den Verlagen zur Verfügung gestellt, danke dafür.
Den Anfang macht ein Bestseller aus Israel: In „Leute wie wir“ von Noa Yedlin (Kein & Aber) geht es um eine vierköpfige Familie, die ein Haus in einem Viertel gekauft hat, das – sagen wir mal vorsichtig – vormals problematisch, jetzt trendy werden soll. Nach monatelanger Renovierung richten sich Osnat, ihr Mann Dror und ihre Töchter häuslich ein. Doch irgendwie ist alles komisch. Der Nachbar Israel besteht darauf, dass direkt vor seinem Haus nur er parken darf, obwohl die Straßen leer sind. Der Briefkasten wird eingeschlagen, die Eltern der neuen Freundin der Tochter züchten Kampfhunde, und die Verwandtschaft ist sowieso skeptisch.
Ich habe mich mit dem Schreibstil etwas schwer getan. Trotzdem ein bisschen unheimlich, unterhaltsam und spannend. Nebenbei erfährt man viel über die Gesellschaft in Israel.
Über Menschen
Zurück in Deutschland hält uns Juli Zeh in ihrem Corona-Roman den Spiegel vor (Luchterhand). Berlin während des ersten Lockdowns: die Texterin Dora lebt mit ihrem Freund, einem Ökoaktivisten in Berlin. Als er ihr aus Angst vor einer Ansteckung das Spazierengehen mit ihrem Hund quasi verbieten will, packt sie kurzerhand ihre Sachen und zieht ohne Möbel und Plan in ihr Haus in Brandenburg. In dem vermeintlich idyllischem Dorf hat sie es anfangs jedoch auch alles andere als leicht.
Der Garten, in dem sie ein Gemüsebeet anlegen will, strotzt vor Müll im Boden, ihr Nachbar gibt sich der „Dorfnazi“ zu erkennen und droht, ihren Hund umzubringen, wenn er nochmal unerlaubt auf sein Grundstück geht. Ohne Auto ist das Einkaufen schier unmöglich. Es ist ein abenteuerliches Leben, in dem sich Dora wieder findet. Ich habe dieses Buch gefressen, es hat mich getröstet, die Naturbeschreibungen sind herzerwärmend… Und letztendlich ist es ein zutiefst menschliches Werk, das uns hinter die Fassaden der Leute blicken lässt. Tief. Tiefgreifend. Volle Empfehlung!
Vati
In „Vati“ der Österreicherin Monika Helfer, die 2020 mit „Die Bagage“ einen Bestseller landete (Hanser) geht es natürlich hauptsächlich um ihren Vater. Kriegsheimkehrer, Invalide, Buchhamsterer und -Liebhaber.
Das ist so fein und zart beschrieben: ihre Kindheit auf der Tschengla, wo die Familie ein Erholungsheim für Kriegsversehrte betreute. Man kann die bunten Wiesen und den Wald förmlich riechen. Ein versunkene Welt wird heraufbeschworen, die so vor dem Vergessen bewahrt wird. Ein schmales Buch, das eine ganze kleine Welt beinhaltet.
Und im Mittelpunkt dieser zarte kleine Mann, dem ein Unterschenkel fehlt, der ist abgefroren im Krieg. Beim Baumeister darf der Junge Bekanntschaft mit den Büchern machen. Eine lebenslange Leidenschaft beginnt. Er mag nicht nur den Inhalt, sondern das gebundene Buch mit seinem Geruch, der Beschaffenheit, dem Robusten.
Besonders berührt hat mich die Erinnerung an das abendliche Vorlesen auf der Terrasse. Eigentlich schade, dass das vom Fernsehen, Netflix und Hörbüchern abgelöst wurde. Und eine wunderbare Anregung, an Sommerabenden wenigstens draußen zu lesen.
* Die Cover enthalten sogenannte Affiliate-Links, das heißt, wenn du sie nach dem Klick dort kaufst, kostet dich das keinen Cent mehr, wir verdienen ein paar zum Erhalt dieses Magazins. Danke!
Ähnliche Beiträge
Geschenktipps für Weihnachten – mit Herz und Verstand
Wir schenken uns nix, das kommt für mich nicht in Frage. Alle anderen, die keine Geschenke suchen, lesen aber vielleicht doch weiter, denn hier verstecken sich viele Tipps, Rabattcodes und Ideen, die vielleicht zum Nachdenken anregen. Oder für sich selber besorgt...
Lesen: die 5 besten Bücher für den Herbst 2024
Meine Buchtipps für den Herbst 2024 haben alle etwas gemeinsam: Sie feiern einerseits das Leben, aber das Thema Tod ist allgegenwärtig. Was ja im Prinzip zusammengehört. Uns unserer Endlichkeit bewusst zu sein, macht das Leben nicht traurig, sondern erinnert uns...
Lesen: Buchtipps für den Sommer 2024
Für einige hat sie ja bereits begonnen – die Urlaubs- und Ferienzeit. Und was wäre ein Strand ohne Bücher? Ich reise jedenfalls immer mit mindestens drei Exemplaren. Der Rest stapelt sich auf dem Tisch neben dem Bett. Kein Nachtkästchen, das ist zu klein. Es sind...
Lesen: Buchtipps für den Frühling 2024
Wer liest, lebt 1.000 Leben. Darum ging es letztens auch in Sigis Blog. Und wer mich kennt, weiß, dass ich ohne meinen Bücherstapel neben dem Bett, nicht gut leben kann. Denn das Lesen gehört, seit ich es kann, zu 100% zu meinem Alltag. Anbei nur eine kleine Auswahl...
Leberkäs to go – der neue Regensburg Roman
Es waren einmal zwei Freundinnen, die sich in der 1980er-Jahren während eines Schülerzeitungs-Seminars kennenlernten. Die Ursula, oder Uschi, aus Schwandorf und die Silvie aus Regensburg. Es war „Liebe auf den ersten Blick“. Irgendwann trennten sich ihre Wege...
Einfach schöne Geschenke – zu Weihnachten und immer
Jedes Jahr stelle ich euch zu dieser Jahreszeit ein paar meiner Lieblingssachen (meistens) von Frauen vor. Die Auswahl ist völlig subjektiv, aber mit Liebe und Überzeugung ausgesprochen. Und es sind Geschenke Tipps, die auch in anderen Monaten und zu anderen Anlässen...
Es scheint keine leichte Kost, aber danke für die Tipps! Liebe Grüße!
Liebe Mira, „Über Menschen“ lässt sich superleicht und schön lesen. Ich war echt traurig, als es vorbei war. Viel Vergnügen!
Das Buch von Juli Zeh wurde mir jetzt schon mehrfach empfohlen, da werde ich mich dann wohl mal dran machen. Aber auch Leute wie wir scheint interessant zu sein, aber Du schreibst, Du hast Dir mit der Sprache schwer getan, da muss ich wohl mal in eine Leseprobe reinschnuppern.
Danke für die Tipps
Sigrid