Wien: Hollmann Beletage, Heinrich Steinfest und Tipps

Mit Wien verbindet mich eine lange intensive Liebesgeschichte. Zum erst Mal war ich mit Studienfreunden campen. Abends mit meinem besten Freund unterwegs lernten wir in einem Stiegen-Beisl einen original Wiener kennen, der anschließend jahrelang mein Begleiter und Führer durch die Donaustadt wurde. (Ein Beisl ist übrigens eine Art Kneipe.)
Durch ihn lernte ich Ottakring kennen, aß, nachdem ich die Aufnahmeprüfung an der Schauspielschule nicht bestanden hatte, hier meine ersten Sushi und verbrachte später mit meinem Mann ein Musical-Wochenende im Dezember dort.
Wien im Winter ist kein Spaß.
Der Wind pfeift durch die Prachtstraßen, und wir hangelten uns von Kaffeehaus zu Kaffeehaus und von Beisl zur Bar. Dafür bin ich während eines Juli-Trips mit meiner Mutter und Schwester fast den Hitzetod gestorben. Nicht einmal die Donau war kalt, eher lauwarm. Und meine Familie wurde mit grantigen Obern bekannt. Hier wird standesbewusst und mit Stolz Essen serviert, auch die berühmte Sachertorte.



Der Schriftsteller Heinrich Steinfest ist in Wien aufgewachsen, und vor allem durch die Lektüre seines neuesten Werks „Sprung ins Leere“ bekam ich mal wieder eine totale Lust hinzufahren und Besonderes abseits von Prater, Heurigem und Stephansdom zu erkunden. Meine Ideen dazu weiter unten! Aber erst eine einmal ein echte Hotel-Tipp.
Boutique Hotel Hollmann Beletage*
Genächtigt haben wir in einem ganz besonders originellen Haus im 1. Bezirk beim Stephansdom um die Ecke. Das Hollmann Beletage ist eine von vier „Vergnügungsstätten“ des Unternehmers und Sängers Robert Hollmann, der eigentlich keine Hotels mag. Und vor allem keine Buffets.






Dementsprechend bestellt man zum Frühstück von einer Karte voller Leckereien wie Lachs, eingelegte Ziegenkäse Bällchen, Pancakes, Porridge oder getrüffeltes Rührei. Von jungem charmantem Service wird auch der hervorragende Kaffee serviert.






Eine kleine Dachterrasse inmitten von hohen Häusern ist in der warmen Jahreszeit sicher eine Oase. Ich hab es mir schon morgens im Spiel- und Lesezimmer gemütlich gemacht. Hier kann man sich den ganzen Tag über Kaffee und Tee zubereiten.






Es gibt Fahrräder zum Ausleihen, und alles ist in Orange und Rot gehalten, was sofort gute Laune macht. Von 15 bis 17 Uhr gibt es eine kleine Jause, das heißt man kann sich eine Leberkässemmel machen und sich ein kleines Bier zapfen. Oder auch Kaffee und Kuchen genießen.
Auch im modern eingerichteten Zimmer wird man mit allerlei Leckereien empfangen und fühlt sich sofort wie zu Hause. In einer Honesty Bar kann man sich weiter mit Getränken versorgen, zum Beispiel wenn man sich das Kino bucht. Ein kleiner Raum mit Amazon Primer, aber einer echten Popcorn-Maschine.






Und sogar eine sehr hübsche Sauna gibt es, die man sich eineinhalb Stunden privat reservieren kann. Dort wird man mit Getränken versorgt, eine weitere Annehmlichkeit des Hauses, die wir sehr genossen haben. In einer ruhigen Seitenstraße drei Minuten Gehweg vom Stephansplatz und vom Schwedenplatz entfernt, kann man nicht zentraler wohnen. Und fühlt sich trotzdem gemütlich aufgehoben und bestens versorgt.
Hollmann Beletage
Köllnerhofgasse 6
A-1010 Wien
Weitere Vergnügungsstätten gibt es in Triest, Sri Lanka und auf der Turracher Höhe:
Vienna City Card
Wien Tourismus hat uns eine 72h Vienna City Card spendiert, mit der wir ausgiebig das hervorragende öffentliche Verkehrsnetz genutzt haben: U-Bahn, S-Bahn, Straßenbahn und Busse, bis in die entlegensten Winkel kommt man pünktlich und schnell. Mit der City Card bekommt man in vielen Museen und Restaurants Ermäßigungen. Richtig gut ist auch die Ivie App, die ihr euch unbedingt vor einem Besuch aus’s Handy laden solltet.



Tipp 1: Kunsthistorische Museum, Albertina
Die Heldin von „Sprung ins Leere“ von Heinrich Steinfest ist hier Aufseherin. Und schon allein wegen des spektakulären Cafés sollte man dieses riesige prächtige Museum unbedingt besuchen. Die Sammlungen reichen von de Ägyptern bis zur niederländischen Malerei. Zwei Stunden kann man sich hier locker aufhalten und so manches entdecken: vom Hippo bis zum Turmbau zu Babel. Im Museumsquartier.









Wem die alten Schinken dann zu viel werden, unbedingt Moderne in der Albertina schnuppern. Dort ist noch bis 19. Juni eine hervorragende Ausstellung zu sehen: Matthew Wong – Vincent van Gogh: Letzte Zuflucht Malerei
Zwischen den beiden Künstlern gibt es erstaunliche Parallelen: angefangen von ihrer psychischen Erkrankung über das malerische Ausnahmetalent bis hin zum frühen Tod. Eindrucksvoll! Die Albertina befindet sich ebenfalls im Museumsviertel.





Tipp 2: Weinhaus Sittl
Dieses typische Wiener Wirtshaus mit original Speisen zu bezahlbaren Preisen besucht Chefinspektor Lukastik in „Nervöse Fische“ (https://amzn.to/3DGGxBt) meist kurz bevor die Küche schließt, wenn ihm die Familie zu wenig wird – oder einmal zusammen mit seiner Schwester. Das ist eine Besonderheit an Wien: es gibt sie noch – diese komplett von der Globalisierung verschonten Flecken, an denen du oft der einzige Tourist bist. Ich mag das sehr.






„Und nicht weniger ungern entsagte er einem zweiten Abendessen im Weinhaus Sittl. Seit gut fünfzehn Jahren besuchte er dieses Lokal, das den Charme eines älteren Herrn besaß, der faltig und grau, ohne Krawatte, aber mit Hut auf dem blanken Haupt, über eine aufrechte Haltung verfügte, sowie einen mäßig raschen, aber ausdauernden Gang. Eines Herrn, der noch Immer seine eigenen Zähne im Mund mitführte, zumindest einige davon.“
Heinrich Steinfest: Nervöse Fische
Weinhaus Sittl
Lerchenfelder Gürtel 51
A-1160 Wien
Tipp 3: Wotruba Kirche
Diese Kirche wieder in „Nervöse Fische“ von Heinrich Steinfest erwähnt. Und der Weg an den Stadtrand lohnt sich. Die Kirche „Zur Heiligsten Dreifaltigkeit“ wie sie eigentlich heißt – besteht aus 152 Betonblöcken und thront auf dem Georgenberg in Liesing. Sie entstand auf Initiative von Margarethe Ottilinger, einer hohen Wiener Beamtin, die 1948 nach Russland entführt worden war. Und nach einer Idee des Bildhauers Fritz Wotruba. Nach eigenen Angaben wollte er damit
„Etwas gestalten, das zeigt, dass Armut nicht hässlich sein muss, dass Entsagen in einer Umgebung sein kann, die trotz größter Einfachheit schön ist und auch glücklich macht.“





Ein verrückter Bau mit Aussicht.
In diesen Momenten großer Ruhe fühlte sich Lukastik mit dieser seiner Stadt versöhnt. So wie man sich mit einem Menschen versöhnt fühlt, der endlich tot auf der Bahre liegt und außerstande ist, zurückzureden. Was nicht heißen soll, Lukastiks Verhältnis zu Wien sei ein primär belastetes gewesen. Das nun wirklich nicht.“ (Steinfest: Nervöse Fische)
Tipp 4: Großes Palmenhaus Schönbrunn
Das fliegt ebenfalls in „Nervöse Fische“ in die Luft. Warum genau, erfährt man eigentlich nicht. Oder korrigiert mich. Das wäre sehr schade übrigens, falls es das wirklich einmal tun würde, denn das Palmenhaus ist wirklich von außen und innen einfach imposant. Auch wenn im Kassenhäusl eine etwas resolute nicht besonders gut gelaunte Dame sitzt. Bei schönem Wetter einfach auf einer Bank im umliegenden Park relaxen. Unbezahlbar.






So, nach Wien muss man sowieso öfters, auch beim fünften Mal wird man wieder andere und tolle Ecken entdecken. Und natürlich müsst Ihr auch zum Naschmarkt, ins Haus des Meeres, ins Haas Haus und ins Café Hawelka und und und. Also.
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