Bestseller und Entdeckungen: 3 Lesetipps
Wird Herbst da draußen und wieder Zeit für ein gutes Buch zum Einkuscheln auf der Couch. Wenn denn der Spätsommer in fast ganz Deutschland mal vorbei sein sollte 😉 Aber in der Sonne auf der Terrasse geht’s ja auch gut. Hier drei Tipps. (Rezensionsexemplare)
Der Brand
Eines unserer absoluten Favoriten ist das neue Buch von Daniela Krien. In „Der Brand“ (Diogenes) passiert eigentlich gar nicht viel. Nur dass am Anfang die gebuchte Ferienhütte der Psychotherapeutin Rahel und des Unidozenten Peter abbrennt, zu der sie eigentlich reisen und wo sie ihren Sommerurlaub verbringen wollten. Zeitgleich erleidet ein sehr guter Freund der Familie, der Maler Viktor, einen Schlaganfall erleidet und muss in eine Rehaklinik an der Ostsee. Seine Frau Ruth begleitet ihn. So bietet sich an, dass das lang verheiratete Paar statt in die Berge zu dem Hof in der Uckermark fährt, um die Tiere zu versorgen.
„Halt mich fest“, sagt sie. Und er tut es und küsst ihr Haar, und in ihr wird es wieder ruhig.“
Drei Wochen mit einem flugunfähigen Storch, einem Pferd, Hühnern und Katzen – in getrennten Schlafzimmern. Denn irgendetwas stimmt schon länger nicht mehr in der Ehe der beiden. Dann ist da noch eine komplizierte Tochter, die ihre beiden Kinder antiautoritär erzieht, sich von ihrem Mann trennen will und zu Besuch kommt, ein Sohn, Berufssoldat, der keine sportliche Herausforderung scheut, und viele Erinnerungen an das frühere Leben mit der verstorbenen Mutter Rahels und deren Verhältnis zu Viktor und Ruth. Nebenbei geht es auch um die Auseinandersetzung mit einem alternden Frauenkörper und der DDR-Vergangenheit.
Eine sehr leise Geschichte, brillant erzählt, mit vielen versteckten Emotionen und dichter Atmosphäre. Das perfekte Sommerbuch oder zum Wiedereintauchen in Wiesen, See und ja – die Liebe.
Gegenlicht
Der Tiroler Bernhard Aichner hat sofort einen neuen Band mit dem Pressefotografen David Bronski hinter den Ersten geschoben (Rezension hier). In „Gegenlicht“ (btb) geht es um einen Westafrikaner, der buchstäblich vom Himmel fällt. Er landet im Garten des Frührentners Klaus, der sich dort gerade mit der Prosituierten Oxana einen gemütlichen Nachmittag mit Dosenbier und Sex machen will. In seiner Hosentasche befinden sich fünf sehr wertvolle Rohdiamanten, was Oxana beim Durchsuchen des Mannes feststellt. Sie sieht ihre Chance auf ein besseres Leben gekommen und entwendet ohne Klaus‘ Wissen die Steine. Kurz darauf wird er mit einigen abgetrennten Fingern tot in der Spree gefunden. Einsatz für Bronski und seine Freundin, die Reporterin Svenja, die Klaus kurz vorher zu dem Vorfall mit dem Afrikaner interviewt hatten, und für seine wiedergefundene Tochter, die ein Praktikum in der Zeitungsreaktion macht.
Es geht also um die katastrophalen Verhältnisse in Sierra Leone, Kindersoldaten und das aussichtslose Leben so viele Westafrikaner, während der Besitzer der Steine gnadenlos alle ermordet, die ihm nicht sagen wollen, wo sich sein Besitz befindet – oder es nicht wissen. Spannend und schnell verschlungen. Ein typischer Aichner eben.
Dinge, an die wir nicht glauben
Brian Washington ist die Neuentdeckung der amerikanischen Literatur. In „Dinge, an die wir nicht glauben“ (Kein & Aber) erzählt er in seinem ersten Roman aus dem Leben eines schwulen Paares: dem japanischstämmigen Mike und dem Schwarzen Benson, kurz Ben. Seit gut vier Jahren leben sie zusammen in Houston, Texas. Sowohl Mikes als auch Bens Eltern sind seit langem getrennt. Bens Vater war früher ein erfolgreicher Wettermoderator, jetzt vegetiert er allein als Alkoholiker, verlassen von seiner Frau, die eine neue Familie gegründet hat, zu der der Kontakt aber nie abgebrochen ist. Nun kommt Mikes Mutter, die er seit Jahren nicht gesehen hat, aus Japan angereist, während sein Vater schwer an Krebs erkrankt ist und bald im Sterben liegen wird. Kurzerhand lässt er Mitsuko mit Ben allein und fliegt nach Japan. Das alles wird zuerst aus der Perspektive von Ben erzählt, der langsam über das Kochen Zugang zu der spröden Mitsuko findet. Sie werden ein Team, kein inniges, aber es wächst etwas zwischen ihnen, das sie so Mike besser kennenlernen.
Im zweiten Teil erfahren wir mehr über die drei Wochen, die Mike mit seinem Vater Eiju in Osaka durchlebt hat. Und es wird die Beziehung zu Ben aus seiner Perspektive geschildert. Wie bereits in Bens Geschichte angedeutet, wird klar, dass die beiden Probleme haben, aber die Bereitschaft da ist, Dinge zu ändern und besser zu machen. Da gibt es aber neuerdings Omar, den Bruder eines Kindes, das Ben beruflich betreut. Die beiden sind sich näher gekommen, als Mike weg war… Es sind komplizierte Beziehungsgeflechte, die mit Liebe und Sorgfalt ausgearbeitet wurden. Dabei bleibt das Ganze auch noch spannend und zeigt das Amerika von heute in all seiner ethnischen Vielfalt. Ein großer Wurf. Anrührend.
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Weitere Tipps unter der Kategorie immer.kreativ, etwas hier
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