Vorbilder: landstreich – Miriam und Alexandra

Slowflower Bewegung – allein der Ausdruck gefällt mir sehr und passt gut zu den Themen Nachhaltigkeit und Natur, die hier immer mehr in den Vordergrund rücken sollen. Alexandra und Miriam Distler leben ganz in meiner Nähe und sind die Gründerinnen von landstreich, einer Gärtnerei mit Schwerpunkt heimische Wildpflanzen und klimafeste Stauden.
Bei landstreich dreht sich alles um die Blume.
Schnittblumen werden im Freiland angebaut, auf dem Hof, auf Märkten und in Blumenhandlungen kann man sie erwerben: „Vom Samenkorn bis zur Schnittblume oder der lebenden Pflanze im Topf – wir säen und vermehren unsere Pflanzen selbst. Für Fach- und Privatkunden, regional und biologisch“.
Alexandra ist 51 Jahre alt, Miriam 49. Aber lassen wir sie mal selber erzählen.






Miriam jeweils li., Alexandra re. – mit ihren bezaubernden Hunden, natural born Foto Modelle 😉
Wer seid Ihr, woher kommt Ihr?
Wir haben uns in München kennen gelernt, haben aber beide unsere Kindheit auf dem Land verbracht, allerdings sehr unterschiedlich: Alexandra in einem kleinen Dorf im Landkreis Eichstätt mit zwei älteren Schwestern, Vater und Mutter. Klassische Familie, aber trotzdem: zugereist und die einzige Evangelische am Ort, was in den späten 70ern/frühen 80ern noch als Herausforderung galt.
Abenteuer im Wald
Alex war Tomboy, die meiste Zeit draußen, auf den Bauernhöfen bei Freund*innen, beim Sport oder musste Abenteuer im Wald bestehen. Nach der Ausbildung zur Möbelschreinerin hat sie das allgemeine Abitur nachgeholt, ein Volontariat zur Film-und Fernsehredakteurin gemacht, die Welt als Filmemacherin bereist und ist schließlich beim Bayerischen Rundfunk gelandet, zunächst als Journalistin, mittlerweile als Regisseurin von Hörspielen und Podcasts. Außerdem arbeitet sie in der Leistmühle in Riedenburg, thematisiert und produziert dort Social Media-Content, Filme und Podcasts mit Jugendlichen.



Erster Besuch im Frühling
Von der Eifel bis Cornwall
Ich, Miriam, bin bei meiner Mutter in kommunenartigen Strukturen großgeworden. In meiner Kindheit sind wir viel umgezogen, wir haben in Niederbayern, auf der Schwäbischen Alb, in der Eifel und in Cornwall gelebt, immer an sehr abgeschiedenen und wilden Orten. Oft in alten Höfen, manchmal sogar in Zelten. Natur hat in meinem Leben eine große Rolle gespielt; Wildtiere und Insekten, jede Blume, jeder Baum: alles wurde begut- und beobachtet.
Meine Mutter hat mir beigebracht, dass wir Teil der Natur sind und das hat – bis heute – etwas sehr Tröstliches.
Mit 14 Jahren zog ich dann trotzdem zu meinem Vater nach München, die Sehnsucht nach „Normalität“ und Stadt war einfach zu groß geworden.



Es folgte ein Studium der Bildhauerei an der Akademie der Bildenden Künste in München, und dann ging es auch schon, zusammen mit Alexandra, nach Berlin. Dort habe ich in Neukölln ein Tattoo-Studio gegründet und betrieben, doch nach ein paar Jahren war klar: Wir gehen zurück nach Bayern und am besten aufs Land! Erst zur Miete in der Holledau und nach sechsjähriger Suche dann endlich: ein großes Grundstück in der Natur mit Platz für ein kleines Häuschen…
landstreich war geboren.
Wie kam diese Begeisterung für Pflanzen, beziehungsweise Blumen? Was waren die Ursachen?
Der Grundstein für meine Begeisterung wurde sicherlich schon in der Kindheit gelegt, genau wie bei Alex die Leidenschaft für das Bauen, das handwerklich kreativ und tätig sein. Und als wir zurück in Bayern waren und den ersten eigenen Garten in unserem Mietshäuschen hatten, gab es kein Halten mehr… Immer mehr Pflanzen zogen mit ein, schnell auch Hund Yazek, Hochbeete wurden gezimmert, Gemüse angebaut, Feuerplätze installiert, Sand aufgeschüttet, kleine Hecken gebaut, Rankgitter entworfen, Bäume gefällt, neue gepflanzt, Obst eingemacht.



landstreich verkauft Pflanzen inklusive toller Beratung auf regionalen Märkten.
Es wurde gelesen, recherchiert, Ideen kamen auf… Vieles funktionierte, einiges auch nicht. Und ich begann in einem Gartenbau-Betrieb am Ort zu arbeiten, absolvierte nebenher eine Fortbildung zur Naturgartenplanerin und dann die Ausbildung zur Staatlich Geprüften Natur- und Landschaftspflegerin. Zwei, für mich wunderschöne Ausbildungen und so kam zu der reinen Leidenschaft das Lernen hinzu, das Wissen und die Wissenschaft über Pflanzen. Und nicht zuletzt, neben all der Faszination, dem Spaß und der Leichtigkeit, war es die Erkenntnis, dass die Natur in ihrer Biodiversität massiv bedroht ist und diese Bedrohung eines der größten Probleme unserer Zeit ist. Eine Erkenntnis, die auch Grundlage unserer Arbeit und Leidenschaft bei landstreich ist.
Und wie seid ihr auf die landstreich Idee gekommen?
Vielleicht wollten wir beide wieder zurück zu diesem Gefühl, das wir unabhängig voneinander in unserer Kindheit hatten:
Ganze Tage in den Wäldern verbringen, unbeobachtet.
Wir haben sechs Jahre nach einem Ort für uns gesucht und hatten in dieser Zeit viele, auch viele unterschiedliche Ideen, was wir dort aufbauen würden. Fest stand lediglich, dass wir etwas mit diesem Ort anstellen wollten, etwas schaffen und im besten Falle bewirtschaften.
Schließlich war mein Interesse an Pflanzen und meine Begeisterung für die gärtnerische Praxis ausschlaggebend für das, was aus landstreich werden sollte: ein Ort, der sich leidenschaftlich der Natur, der Biodiversität und der Anmut verschrieben hat. Als Gegenentwurf zu totenstillen Wiesen ohne Blumen und Insekten, zu grünen Wüsten in den Vorgärten und zu pestizidverseuchten Schnittblumen in Vasen.
Aber auch ein Ort, der sich mit biologischer Landwirtschaft, dem wirtschaftlichem Anbau von Schnittblumen/Stauden und der Vermittlung und Weitergabe von Wissen auseinandersetzt.



landstreich hat sich entwickelt, wir haben viele Experimente gemacht, auch viel wieder verworfen. Darum kann man gar nicht so genau sagen, wann und wie die Idee entstanden ist. Eins kam zum anderen: Der Ort, die Liebe zu Blumen, die Traurigkeit über den Verlust der Biodiversität, der Gedanke, gärtnerischen Anbau mit Kunst zu verbinden, die Entdeckung der Slowflower-Bewegung und damit der Kontakt zu Gleichgesinnten.
landstreich wandelt sich immer weiter – zu den Schnittblumen kamen die Kurse, mittlerweile die Staudengärtnerei, aber auch Menschen, die mittlerweile bei uns arbeiten, Menschen, mit denen wir kooperieren und die wir hier als Freunde gefunden haben.
Eigentlich passt das zu uns, Natur ist ja auch nie statisch, sondern etwas sehr Dynamisches, permanent im Wandel.



Warum der Name landstreich?
Der Name ist ein Anagramm: eine Kombination aus meinem Mädchennamen: Schiran und dem von Alex: Distler… passt natürlich perfekt. Wir verbinden natürlich damit, dass wir das Land ein wenig bunter „streichen“, dass wir dem Ganzen einen Streich spielen und dass wir einige Pflanzen im Angebot haben, die durchs Land streichen, mal hier, mal da auftauchen, nicht zu zähmen, nicht zu kontrollieren.

Was genau bietet Ihr an?
Stauden (also mehrjährige, winterharte Blumen und Gräser, die man auf dem Balkon und im Garten ansiedeln kann), Schnittblumen, die unter freiem Himmel wachsen und getrocknete Blüten. Alles biozertifiziert, für Privat- und Fachkund*innen.
Die Stauden bekommt man ab Hof (jeden Samstag in der Saison von 10-13 Uhr) und auf Frühjahrsmärkten in der Region.
Die Schnittblumen bekommt man nur auf Bestellung (z.B. für DIY Hochzeiten), als „Blumenbündel“ (unter anderem bei What The Kiosk in Regensburg) und über Floristinnen, die unsere Blumen beziehen.
Außerdem finden in unregelmäßigen Abständen Veranstaltungen auf dem Blumenfeld statt: Workshops und der „Blumenclub“ – eine Veranstaltungsreihe bei der man bei Kaffee und Kuchen die eigenen Blumen ernten und binden kann.






Blumen Club mit köstlicher Bewirtung, ein tolles Erlebnis!
Was genau ist nachhaltig an landstreich?
- Wir produzieren zertifiziert biologisch (DE-ÖKO-006)
- Wir gießen vorwiegend mit Regenwasser
- Wir verwenden torffreien Substrate
- Wir vermehren auch mitteleuropäische Wildblumen
- Wir arbeiten stetig an der Verbesserung unseres Bodens
- Wir bieten auf unserem Gelände Lebensraum für Wildtiere und Insekten
- Wir bieten, zumindest während der Saison, eine Alternative zu weit gereisten und unter problematischen Bedingungen produzierten Schnittblumen, wie man sie sonst aus dem Supermarkt und von Blumenläden kennt.
- Wir ziehen unsere Stauden im Topf und unsere Schnittblumen selbst
Nachhaltigkeit ist ein Prozess
Letztendlich ist die Nachhaltigkeit aber ein steter Prozess, wie auch die Qualität und Auswahl. Und, um ehrlich zu sein, mit uns selbst arbeiten wir nicht unbedingt nachhaltig. Es ist, auch wenn es wirklich sehr viel Spaß macht, eine – körperlich – anstrengende und fordernde Arbeit. Dazu kommt das ganze Thema Vermarktung und Kundenkontakt und – zunehmend – auch das Thema „Klimawandel“. Bei uns in der Region regnet es zum Beispiel teilweise wochenlang nicht im Frühling.
Wenn man finanziell nicht überlebensfähig ist oder ausbrennt, ist das auf Dauer auch nicht nachhaltig.



In der Zisterne li. wird das Regenwasser aufgefangen.
Was ist die Slowflower Bewegung?
Die Slowflower Bewegung ist ein Zusammenschluss von großen, kleinen und winzigen Betrieben und Privatpersonen, die sich für einen regionalen, saisonalen, pestizidfreien Anbau von Schnittblumen (sogenannten Slowflower Blumen) stark macht.
Ihre Mitglieder achten auch in der Floristik auf größtmögliche Nachhaltigkeit – indem etwa weitestgehend auf Plastik und Kleber verzichtet wird, die hochproblematische Steckmasse gar nicht zum Einsatz kommt und natürlich möglichst mit Slowflower Blumen gestaltet wird.
Wir haben Mitglieder im gesamten deutschsprachigen Raum und in vielen anderen Ländern, vor allem in den USA und in England gibt es ähnliche Initiativen.



Was sind eure Pläne?
Uns mit den Schnittblumen weiter zu professionalisieren und Abläufe effizienter zu gestalten ist ein Ziel. Ein anderes, die Gärtnerei auszubauen – also ein größeres Sortiment an Pflanzen im Topf für Gärten, Balkone und Co. zu bieten.
Habt ihr vor, euer Sortiment zu erweitern? Zum Beispiel mit Kräutern oder Obst?
Wir erweitern unser Staudensortiment derzeit um winterharte, mehrjährige Kräuter und natürlich auch um mehr Arten und Sorten. Die Welt der Stauden und Schnittblumen ist so unglaublich vielfältig, da lernt man nie aus. Alles andere wird man sehen und hängt auch davon ab, wie viel Platz wir zur Verfügung haben.
Was wünscht ihr euch für euer Unternehmen? Für die Erde? Die Gesellschaft?
Für unser Unternehmen wünschen wir uns, dass wir den Erfolg und die Wertschätzung, die wir jetzt schon erfahren noch weiter ausbauen können.
Wir wollen weiter in Bewegung bleiben, weiter neue Projekte anstoßen, da geht noch einiges J
Ebenfalls für unser Unternehmen, für uns selbst, die Erde und die Gesellschaft wünschen wir uns, dass sich Deutschland, Europa und die Welt gegen faschistische, klimawandelleugnende und frauenfeindliche Parteien wehren bzw. sie einfach nicht mehr wählen.






Fremdes, Veränderung, Vielfalt und (weitestgehend unkontrollierbare) Lebendigkeit scheinen unglaubliche Angst in den Menschen auszulösen. Es wäre wünschenswert, wenn diese Angst durch die Neugierde ersetzt würde. Vor allem, weil wir vor großen Veränderungen stehen, ob wir wollen oder nicht. Da ist es doch besser, neugierig nach Lösungen zu suchen, statt sich vor Angst die Köpfe einzuschlagen.
Wer immer noch denkt, dass der Stärkere gewinnt, ist ein Tölpel. Das Lebewesen, das am besten angepasst ist, gewinnt. Deshalb müssen wir uns anpassen und unser Hirn anschmeißen. Das wäre nice.
landstreich
Am Zeiler 3
93161 Sinzing
(Für Navi landstreich GbR eingeben!)
(Im August ist Sommerpause!, Termine Blumen Club)
Schnittblumen erhältlich ab Hof oder:
Werk.Stadt Hummel (auch Pflanzen, auch erhältlich in Schöne Handlung)
Sebastian Conrad „Haute Jardin“ München
What The Kiosk, Neupfarrplatz Regensburg
Blumen Sitzberger, Bahnhof Regensburg
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