Sonntags-Kolumne: Ehrlich währt am längsten?

02. Februar 2025 | immer.dasleben

Leute, wo sind wir hier gelandet? Hätte ich vor 20 Jahren in die Zukunft schauen können, wer weiß, wo ich dann jetzt wäre… Schlimmer geht nimmer oder? Ein designierter US-Präsident, der seine Grenzen verschieben will und Deportationen im großen Stil plant. Ein Milliardär, der sich in die deutsche Innenpolitik einmischt und der auf seiner Plattform schon lange Fake News und Unwahrheiten der schlimmsten Sorte zulässt. Eine Kanzlerkandidatin, die als Migrantin in der Schweiz lebt – mit einer Ehefrau aus Sri Lanka und zwei Kindern – deren Partei für Remigration und gegen die gleichgeschlechtliche Ehe ist? Und von Herrn Merz und seinen Beteuerungen wollen wir jetzt gar nicht reden oder?

Wie wäre es eigentlich für die beiden, wenn ihre Kinder plötzlich von den Schweizer Behörden aus der Schule abgeholt und nach Polen abtransportiert würden? Genau so etwas hat nämlich Donald Trump, ihr guter Freund, mit Migrantenkindern in den USA vor. Oder ist das jetzt auch nur Fake? Ich weiß es nicht.

Hetze statt Mitgefühl

Das hält man doch im Kopf nicht aus oder? Leider, wirklich leider, bin ich ja auch eher aus Spaß auf TikTok. Was da gerade an politischer Agitation abgeht, unglaublich. Kurz nach dem Anschlag auf Magdeburg war da von 11 Toten die Rede. Aber Hauptsache die Nationalität des Täters wird schnell bekannt, damit die Hetze Fahrt aufnehmen kann.

Was tun?

Ich versuche gerade, meine Newsletterliste auszubauen, da ich nicht weiß, wie lange ich es auf den Meta-Plattformen noch aushalte, wenn auch dort alle Grenzen fallen und jeder Unwahrheiten und Fake verbreiten kann und darf wie er oder sie will. Das ist ja jetzt schon so, und kann aber sicher noch viel schlimmer werden.

Fotos 2 und 3: Maximilan Habla

Noch genau drei Wochen bis zu den Wahlen. Ich schreibe euch wirklich nicht vor, was Ihr zu tun habt, aber denkt an die Freiheit, unsere lang erkämpfte Demokratie: #ü50fürdemokratie

Im Dialog bleiben

Ich versuche, Haltung zu bewahren und auch außerhalb meiner Bubble zu meinen Überzeugungen zu stehen, was Mut und Ausdauer bedeutet. Dabei fällt mir immer wieder Mo Asumang ein, die ich einmal für die Zeitschrift Politik & Kultur des deutschen Kulturrats interviewen durfte. Ihr Prominentenstatus als ProSieben-Aushängeschild brachte der Tochter einer Deutschen und eines Ghanaers nicht nur Gutes ein: „Die Kugel ist für dich, Mo Asumang“ hieß auf der CD „Noten des Hasses“ der Neonaziband White Aryan Rebels. Mo hat sich trotzdem oder deswegen unter die Neonazi-Szene gemischt, hat Menschen direkt angesprochen:

„Das war sehr interessant, weil ich gemerkt habe, das ist ja für die andere Seite auch gar nicht so einfach. Die kann dann nicht nur ihre Informationen runterleiern. Sie hat plötzlich ein Gegenüber, das Fragen stellt, das neugierig ist und offen und im Zweifel lächelt. Auch vielleicht sympathisch ist. All das, was sie gar nicht will, weil sie ja eigentlich den Dialog ablehnt. Das hat dann dazu geführt, einen Dokumentarfilm darüber anzugehen.“

Das komplette Portrait findet Ihr übrigens hier.

Aber zurück zu Wahrheit und Ehrlichkeit. Ich versuche ja wirklich mein Bestes, werde aber auch wieder immer in Versuchung geführt. Durch was? Geld natürlich. Ich mache auf dieser Plattform ja auch Werbung. Der Unterhalt, die professionelle Webseitenbetreuung, der Server, auf dem alles hier liegt, das kostet ja alles Geld, anders geht es nicht. Statt hässlicher Anzeigen verkaufe ich Artikel, die ich aber klar mit Werbung kennzeichne. Was nehme ich an, was nicht? Wie und wo setze ich Grenzen?

Weiter geht es natürlich dann mit den Produkten, die ich euch empfehle – auch über Werbung. Ich probiere alles selber aus und versuche auch das, möglichst authentisch zu sein. Fast Fashion und Kosmetik mit seltsamen ungesunden Inhaltsstoffen haben auf immerschick.de keinen Platz. Sogenannte Junior Marketing Managerinnen schreiben mich ständig an und wollen sofort sogenannte Insights, obwohl ich ihr Produkt noch nicht einmal gesehen, geschweige denn ausprobiert habe. Ich bin ein Mensch, keine Maschine und sehe mich als Vermittlerin. NICHT in erster Linie als Verkäuferin. Punkt.

Was hinterlassen wir?

Auch wenn viele das Wort Nachhaltigkeit nicht mehr hören können, darum geht es letztendlich. Was hinterlassen wir? Wie geht es weiter mit dem Klimawandel, der unbarmherzig zuschlägt. Ist uns alles egal, Hauptsache, wir können in den Urlaub fliegen und billiges Gas beziehen? Oder ist da mehr? Ein Gewissen, ein leises Anklopfen? Wird es nicht Zeit, der Wahrheit und den Tatsachen ins Auge zu sehen? Währt ehrlich am längsten? Die nahe Zukunft wird es zeigen.

Ich wünsche euch viel Kraft, Mut und Zuversicht. Denn ohne diese geht gar nichts. Es gibt auch immer noch sehr viel Liebe auf der Welt!

Und vielleicht währt ehrlich doch am längsten? Wer weiß…

Eure Ursula

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Ursula Gaisa

1968 in Schwandorf geboren. Studium Anglistik und Germanistik. Seit 1994 beim ConBrio Verlag. Journalistin, Buchautorin und Herausgeberin von immerschick.de

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4 Kommentare
  1. Toll geschrieben liebe Ursula! Du sprichst mir aus der Seele

    Antworten
    • Liebe Susanne, das freut mich aber sehr. Ich danke dir fürs Lesen kommen. Menschlichkeit ist das Wort der Stunde, finde ich. Herzlich Ursula

      Antworten
  2. Ich denke doch, das ehrlich am längsten währt in jeder Beziehung und jeder Situation. Sehr schöne Fotos übrigens in deinem Artikel. Alle.

    Antworten
    • Danke, liebe Sigi. Ich versuche es zumindest. Bis gleich! Ursula

      Antworten

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